Fast ein Herz
Von Anja Geverini
Life Science.
Man nehme Hautzellen, mache daraus Stammzellen und schaffe aus denen Herzzellen, um so gut wie möglich das Herz nachzubauen. Was nach Science-Fiction klingt, ist die Forschung zu Organoiden. Einer der Spezialisten in Österreich ist Dr. Sasha Mendjan, Senior Gruppenleiter am IMBA (Institute of Molecular Biotechnology): „Organoide sind Gewebestrukturen aus Stammzellen, die auch Blutgefäße enthalten können.
Diese sind aber nicht voll funktionsfähig.“ Forschende versuchen seit Jahren, Organe nachzubauen. Organoide sind der erste Schritt dazu. Diese oft nur wenige Millimeter großen, dreidimensionalen Modelle können das Verhalten und die Funktion menschlicher Organe nachahmen.
Mutationen beobachten
Im Jahr 2013 hatte IMBA-Direktor Jürgen Knoblich mit seinem Team erstmals ein Gehirn-Organoide im Labor hergestellt. Sein Kollege Sasha Mendjan versucht, Herz-Organoide zu entwickeln. Damit bearbeitet er ein Gebiet mit besonderer Relevanz, sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen doch die häufigste Todesursache in Europa. 2019 gelang es IMBA-Wissenschaftern, die ersten Blutgefäß-Organoide zu entwickeln, mit deren Hilfe Krankheiten wie Diabetes erforscht werden können.
Mendjan: „Mit der Organoid-Forschung lernen wir, wie sich Organe entwickeln, und auch, wie das menschliche Gewebe auf Medikamente reagiert oder wie bestimmte Mutationen und dadurch Krankheiten entstehen.“ So lassen sich komplexe Vorgänge direkt im menschlichen Gewebe erforschen.
„Die biologischen Ursachen komplexer neurologischer Krankheitsbilder, wie Epilepsie oder Schizophrenie, sind weitgehend ungeklärt. Wir hoffen, auf diesem Weg Erkenntnisse zu bekommen, mit dem Ziel, maßgeschneiderte Therapien mitentwickeln zu können“, so Organoid-Pionier Knoblich.
Organoide stellen einen enormen Vorteil für die personalisierte Medizin dar, da sie für Merkmalsgruppen, sogar für einzelne Patienten, gezüchtet werden können. So können neuartige Substanzen und Therapien unter völlig neuen Gesichtspunkten überprüft werden.
Anja Geverini
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