Das Rückgrat der Arzneimittelversorgung

Professional Pharmacist Arranging Medicine Shelves Inside a Modern Pharmacy Store
Die österreichischen Apotheken sind ein zentraler Pfeiler der landesweiten Gesundheitsversorgung – gerade in Krisenzeiten.

Von Sandra Wobrazek 

Mit mehr als 1400 öffentlichen Apotheken sowie einem dichten Netz an Bereitschaftsdiensten gehört Österreich zu jenen Ländern, die eine der besten Arzneimittel-Erreichbarkeit in Europa haben.

Täglich versorgen die Apotheker zahlreiche Menschen mit Medikamenten, Beratung und Gesundheitsdienstleistungen – was sie zu einem relevanten Player des Gesundheitssystems macht.

Kritische Infrastruktur

„Apotheken sind Bestandteil der kritischen Infrastruktur und haben daher eine enorme Bedeutung. Wir sind uns dieser Verantwortung auch bewusst“, sagt Gerhard Kobinger, zweiter Vizepräsident der Österreichischen Apothekerkammer. 

Während der Pandemie zeigte sich das deutlich: Apotheken bauten innerhalb kürzester Zeit Teststrukturen auf, stellten Masken bereit und reagierten flexibel auf Lieferengpässe. 

„Die Apotheken haben ihre Lagervorräte um 30 bis 50 Prozent erhöht“, berichtet Kobinger.

Diese erweiterten Vorräte machen Apotheken zu einem stabilisierenden Faktor – ebenso wie die Fähigkeit zur eigenen Herstellung, die zum Beispiel während des Antibiotika-Engpasses vor zwei Jahren essenziell war: 

„Sie konnten zehntausende Kinder mit selbst angefertigten Antibiotika-Säften versorgen“, so der Apothekerkammer-Vertreter.

Digitale Abhängigkeit

Dennoch gibt es Schwachstellen. Im Blackout-Fall etwa zeigt sich die Abhängigkeit von Energie und digitaler Infrastruktur. „Wenn es kein Internet mehr gibt, sind weder digitale Rezepte noch automatisierte Bestellungen möglich. 

Wenn der Lagerroboter, die Beleuchtung oder die Heizung nicht funktionieren, sind wir schnell im Bereich der absoluten Improvisation“, gibt Kobinger zu bedenken. 

Einige Apotheken haben Notstromaggregate und Pufferbatterien für die Kühlschränke angeschafft, andere noch nicht – ein Thema, das an Bedeutung gewinnt.

Ein Element zur Standortsicherheit ist die ApoApp, das neue digitale Service der Apothekerkammer. Kobinger: „Mit der ApoApp sieht man in Echtzeit, wo ein Medikament lagernd ist.“ 

Die App zeigt verfügbare Präparate, Öffnungszeiten, Notdienste und den kürzesten Weg zur entsprechenden Apotheke. Für Patienten bedeutet das: weniger Wege, weniger Unsicherheit – und im Engpassfall oft die entscheidende Zeitersparnis. 

Für die Zukunft fordert Gerhard Kobinger mehr sektorübergreifende Zusammenarbeit: „Wünschenswert wäre ein Zusammenschluss aller Einrichtungen der kritischen Infrastruktur, der Blaulichtorganisationen und Ärzte, damit man durchdenkt, was im Blackoutfall zu tun ist.“

Globale Lieferketten

Erste Strukturen gebe es im staatlichen Krisen- und Katastrophenschutzmanagement (SKKM), das Apotheken, Lebensmittelhandel, Energieversorger und Spitäler an einen Tisch bringt. 

Ein Unsicherheitsfaktor bleiben globale Lieferketten aus Fernost: „Wenn die zusammenbrechen, ist bald das Ende erreicht“, sagt Kobinger. Jahrzehnte der Kostenoptimierung hätten die Herstellung vieler Wirkstoffe in Billiglohnländer verlegt. 

Eine Rückverlagerung nach Europa würde acht bis zehn Jahre dauern – „aber es wäre machbar, wenn die Politik es will“. Trotz aller Herausforderungen bleibt der selbstständige Apotheker aus Graz zuversichtlich: „Wir lassen niemanden unversorgt.“ 

Ob durch wirkstoffgleiche Alternativen, Parallelimporte, in den Apotheken hergestellte Arzneien oder digitale Werkzeuge wie die ApoApp – Apotheken verfügen über viele Instrumente, um Engpässe abzufedern und Versorgung zu sichern.

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