Zweites Mittelmeer bitte!

Zweites  Mittelmeer bitte!
Urlaub auf einem Boot - die ideale Ausgangssituation für eine Netflix - Thrillerserie
Klaus Eckel

Klaus Eckel

Im Juli verbrachte ich in der Türkei eine Woche auf einem Segelboot. Mit an Bord waren zwei weitere Familien. Sieben Tage auf 30 m2 und das ohne Landgang. Eigentlich eine optimale Ausgangssituation für eine Netflix - Thrillerserie. Den Titel hatte ich gleich im Kopf: „Zehn kleine Niederösterreicher“. Um am Schiff als Mr. Marple auftreten zu können, habe ich noch kurz vor der Abreise Lupe, Fingerabdruck-Set und Verhörlampe in den Koffer gepackt. Doch ich wurde von der Reise enttäuscht. Wir haben uns leider gut verstanden. Sicher war es von Vorteil, dass etwas am Boot besonders gut funktionierte: das Internet. Wir segelten zwar nie hart am Wind, aber zumindest ständig hart am Wlan. Eines habe ich dabei gelernt: Wenn man sich als urlaubender Jugendlicher länger als 24 Stunden weder über Snapchat noch über Instagram meldet, wird man zuhause offiziell für tot erklärt. In meiner vergilbten Vorstellung war das offene Meer immer der letzte Rückzugsort vom Trubel. Dieses Bild wurde um eine neue Erfahrung angereichert. Neben uns tauchte plötzlich ein buntes, großes Schiff der Supermarktkette Migros auf. Ich wurde mit einem Beiboot abgeholt und betrat einen schwimmenden Einkaufstempel. Der bestand aus drei Stockwerken und es gab sogar Einkaufswagerln. Mit Münzschlitz! Bitte wer stiehlt auf offener See ein Einkaufswagerl? Vor allem wie? Einzige Möglichkeit: Reinsetzen und über das flache Schiffsheck ins Wasser rollen. An der belebten Supermarktkasse, die in der einsamen Ägäis vor sich her wankte, wurde ich dann gefragt: „Bağlılık puanları toplayın?“. Mein Google-Translater übersetzte es sofort: „Sammeln Sie Treuepunkte?“.

Das war dann die wahre Erkenntnis des Urlaubs: je mehr du die Ferne suchst, umso eher wird die Heimat dich finden.

 

Kommentare