Was man über das Lehren und Leeren lernen kann
Gerald N. ist nicht nur ein richtiger Rapid-Anhänger, sondern auch Fan der richtigen deutschen Grammatik. Deshalb ereilte ihn neulich in St. Pölten beim Cupspiel zwischen dem SKN und Rapid ein Schockmoment. In riesigen Lettern war auf einem Transparent der Heimmannschaft zu lesen: „Lehrt ihnen das Fürchten!“
Gerald N. stellt dazu fest: „Das lehrt mir (sic!) tatsächlich das Fürchten!“ Zur Erklärung: Nach dem Verb „lehren“ steht üblicherweise der doppelte Akkusativ und nicht der Dativ. Richtig ist daher „Ich lehre dich das Fürchten“, aber nicht „Ich lehre dir das Fürchten“. Wir wollen freilich nicht so streng sein: Solange von den Fußballfans nur in grammatikalischer Hinsicht Gefahr ausgeht, ist alles gut. Wenn sie hingegen zu viele Krügeln leeren, ist Gefahr in Verzug. Das lehrt den Wortklauber wenigstens die Erfahrung.
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Für noch größere Grausbirnen sorgt bei Sprachpuristen die Verwechslung der Verben „lehren“ und „lernen“. Formulierungen wie z. B. „Ich lerne dir Deutsch“ sollten zumindest für Deutsch-Lehrer tabu sein. Denn: „lernen“ bezeichnet ausschließlich die eigene Wissensaufnahme. Im Sinn von „jemandem etwas beibringen“ muss das Verbum „lehren“ herhalten („ich lehre dich Deutsch“). Dementsprechend gilt es auch zwischen „gelernt“ und „gelehrt“ zu unterscheiden. Um beim Fußball zu bleiben: Ein gelernter Stürmer hat das Kicken gelernt, ein gelehrter Stürmer nicht zwangsläufig (dafür hat er aber Atomphysik, Rohstoffingenieurwesen oder Deutsch studiert). Wer von den beiden Gruppen wahrscheinlich mehr Tore schießt, entscheiden bitte Sie.
Im Seifert Verlag ist am 30. Oktober das Buch "Wortklauberei 2 - 50 neue Folgen aus der erfolgreichen KURIER-Kolumne" erschienen.
Nach dem Erfolg des ersten Bandes sind auch in dieser Blütenlese wieder 50 „Wortklaubereien“ enthalten, die im KURIER erschienen sind. Ergänzt werden die Texte durch die beliebten „Fundstücke“ – sprachliche Hoppalas, die die treuen Leserinnen und Leser dem Kolumnisten regelmäßig zukommen lassen.
Am 12. Dezember findet eine Buchpräsentation bei Thalia - Wien Mitte statt.
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Auf der Website des Serviceportals des Bundes ist an prominenter Stelle ein rätselhafter Menüpunkt zu finden: „Ausgetretenen Self-Service“. Seien Sie ehrlich: Unter welchen Umständen würden Sie diesen Button anklicken? Geht’s da um Personen, die vorher ihre Blase geleert haben? Zweckdienliche Mitteilungen bitte an den Wortklauber (damit er auch noch was lernt)!
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Fundstück der Woche: „So wird etwa detailliert das Unglück eines Generalleutnants, der mit seinem Auto auf eine Miene auffuhr, beschrieben.“ (KURIER)
Hoffentlich hat der Arme gute Mine zum bösen Unfall gemacht.
Wolfram Kautzky ist Philologe und geht gerne den Wörtern auf den Grund.
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