Von Antibiotika, Antipasti und Antikickern

Wolfram Kautzky
Wolfram Kautzky geht in seiner Kolumne "Wortklauberei" den Wörtern auf den Grund.
Wolfram Kautzky

Wolfram Kautzky

Eine eiserne Regel für den Gebrauch von Fremdwörtern und Redensarten ist: Besser gar nicht als falsch verwenden. Wer z. B. mit vermeintlichen Lateinkenntnissen brillieren möchte und dies „coram publicum“, also in aller Öffentlichkeit, tut, erntet möglicherweise vom Publikum gleich ein dickes Minus: Richtig wäre nämlich „coram publico“ (für einschlägige Freaks: Coram ist eine Präposition, die im Lateinischen den Ablativ verlangt). Ebenso ins Fremdwörter-Fettnäpfchen steigt, wer in der Apotheke ein „Antibiotika“ verlangt. Damit wären nämlich gleich mehrere gemeint (was gerade bei Antibiotika bekanntlich ungesund ist) – besser also, Sie ordern ein Antibiotikum, dann kriegen Sie garantiert nur eines.

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Apropos Antibiotikum: Die Vorsilbe anti- leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet „Gegen-“, „Wider-“: antibakteriell, antiklerikal, Antikörper, Antipathie oder Antisemitismus sind nur einige Beispiele für diese Bedeutung. Doch wie passen dann die köstlichen Antipasti beim Italiener ums Eck dazu? Die sind natürlich keine erbärmlichen „Anti-Speisen“ – in diesem Fall geht die Vorsilbe auf das Italienische zurück: Antipasti bedeutet „vor den Mahlzeiten“ (anti = vor, pasti = Mahlzeiten; dieselbe Vorsilbe steckt auch im Verb antizipieren = etwas vorwegnehmen). Aus alldem ergibt sich: Wer das Pech hat, aufgrund mangelnder Sportlichkeit von seiner Umgebung als Antikicker bezeichnet zu werden, hat die Möglichkeit, sich mithilfe etymologischer Argumentation als Vor(zeige)-Kicker zu präsentieren (es sei denn, sein Anti-Körper steht diesem Eindruck im Wege).

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Kommen wir noch einmal auf die Gefahren der Fremdwörter zurück. Unlängst wurde Ihr Wortklauber mit den Worten „Sie scheinen auf Ihrem Gebiet eine echte Konifere zu sein!“ gelobt. Dieses Lob erfreut ihn, auch wenn er bis dato nichts von seiner Existenz als Nadelgehölz wusste.

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Fundstück der Woche: „Neueröffnung: Gratis Workout im Pilatus-Studio.“ (Werbung in der Auslage eines Fitnessstudios im deutschen Hoffenheim) – Ein attraktives Angebot für alle, die gerne von Pontius zu Pilates geschickt werden.

Wolfram Kautzky ist Philologe und geht gerne den Wörtern auf den Grund.

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