Vom falschen Zeitgefühl und richtigen Zeitpunkt

Die Flaschenpost begibt sich auf die Suche nach dem verlorenen Zeitpunkt des Süßweins
Juliane Fischer

Juliane Fischer

Was machte die Flaschenpostlerin in den Tagen, die sie sich freinahm, zwischen Weihnachten und Neujahr? Den Weinkeller ausräuchern und die kleine Sammlung pflegen. In dieser Woche verlor ich ständig das Zeitgefühl und den Wochentageüberblick. Da schadete es nicht, sich zumindest hier im scheinbar zeitlosen Erdkeller neben den alten Holzfässern ein bisschen Struktur zu verschaffen. Es wurde gesichtet, registriert, archiviert und grobsortiert. Zum Schluss kam der Süßwein – auf den Speisekarten steht er ja auch auf der letzten Seite. Immerhin spricht man vom Dessertwein. Obwohl das vielleicht ein Missverständnis ist.

Vom falschen Zeitgefühl und richtigen Zeitpunkt

Das Dessert ersetzen? Das ist ja würdig und recht, aber wer will schon auf die Nachspeise verzichten? Und so kommt die Empfehlung am Schluss des Essens eigentlich zu spät, für jene, die finden, dass Süßes gar nicht so ideal zu Mousse au Chocolat und Co. passt, sondern in Kontrastkombination zu scharfem Curry, zu gebratener Leber mit Marillen, zu Hummerkrautfleisch, zum geräucherten Karpfen. Einen Zeitvorteil haben die edelsüßen Kredenzen: Man mag sie vielleicht übersehen, aber ansehen tut man ihnen Zeit und Alter gar nicht. Die Spätlese 2017 (Weißburgunder und Welschriesling halbe-halbe) von Heidi Schröck kann ruhig noch ein bisschen warten hier im Keller auf die perfekte Begleitung.

Sie kostet sich durch die Weinwelt, arbeitet als freie Journalistin und zum Ausgleich in ihrem Weingarten in Niederösterreich.
Auf den Geschmack gekommen? Bei Anregungen und Feedback zu Wein und Weinkultur schreiben Sie der Kurier-Freizeit-Redaktion unter flaschenpost@kurier.at

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