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In einer Gesellschaft der Superlative, werden auch an den Urlaub ordentich Erwartungen gestellt
Anna-Maria Bauer

Anna-Maria Bauer

Urlaubstage haben es nicht leicht. Vom Bürosessel aus werden sie in idealisierte Verklärung erhoben, stehen für ständige Sorglosigkeit, durchgehende gute Laune und einmalige Erlebnisse. Und müssen als Rechtfertigung für den langen Arbeitstag herhalten: Ja, die Woche ist stressig, aber im Urlaub kann ich mich dann ja eh entspannen.

Im Vorhinein war mir das nicht aufgefallen. Welche Ansprüche ich an meine jüngste Reise nach Neuseeland stellte. Beim Planen hatte ich es irgendwie realistisch gefunden, dass ich mich sowohl perfekt entspannen, als auch die höchsten Gipfel bezwingen und auch noch bis zur Sperrstunden in den Pubs sitzen würde. Und das stets bestens gelaunt. Die Fotos der Reisebloggerinnen und der Blogger, denen ich zur Vorbereitung folgte, kommunizierten ja auch genau das.

Zudem war ein Monat eine lange Zeit. Da konnte viel passieren. Da musste auch viel passieren, dachte ich in Wahrheit. Schließlich konsumierte ich dafür den Löwenanteil meines Jahresurlaubs am Stück.

Und dann war es soweit. Nach einer verschwommenen Aneinanderreihung von Zugfahrten, Langstreckenflügen und Busreisen hatten wir das erste Quartier in Auckland erreicht. Die Sonne schien angenehm warm, die Luft roch nach Meer und die Menschen waren alle sehr freundlich. Wieso wollte sich, verdammt noch einmal, die Urlaubsstimmung also nicht einstellen?

Es dauerte eine Woche und ein paar Gespräche mit der besten Reisebegleitung bis mir bewusst wurde, dass die Urlaubsstimmung das nicht konnte. Weil ich nicht im Urlaub war, sondern im Wettkampf – um das beste Reiseerlebnis aller Zeiten. Es dauerte dann noch ein paar Tage, bis ich einmal munter wurde und es nicht eilig hatte. Ich blieb nach dem Frühstück am Hostel-Esstisch sitzen, plauderte mit anderen Urlauberinnen und Urlaubern, ließ die Zeit vergehen, den Tag verstreichen, machte: nichts. Keine Fotos, die ich später hochladen würde, keine Ausflüge, von denen ich erzählen könnte. Aber ich hatte einen richtig guten Tag.

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