Im Inneren der Schlange blüht das bunte Leben

Warum das In-der-Schlange-Stehen besonders im Skiurlaub äußerst aufschlussreich sein kann.

Frisch zurück aus dem Skiurlaub kommend, denken sich bestimmt sehr viele: Schlangestehen gilt zu Unrecht als nervtötend. Wenn man sich kurz aus seinem Körper zoomt und eine Anstellschlange aus der Totale betrachtet, entpuppt sie sich als aufregendes Kleinod, in dem es so viel zu sehen gibt wie auf einem Wimmelbild im Kleinkindbuch. Dazu kommen Gespräche, die man sonst kaum zu hören bekommt. Denn aus irgendeinem Grund wähnen sich die Menschen in einer Schlange stehend in der Vertrautheit eines geschlossenen Raumes und sagen daher Sätze wie (Beispiel Supermarkt): „Was kaufst denn da schon wieder, in letzter Zeit kochst du schon oft an Schas.“

Am schönsten aber sind die Schlangen im Skiurlaub, von Hüttenbuffet bis Saunatauchbecken. Besonders lohnend ist die Schlange am Skilift, weil sie nicht nur linear aufgebaut ist. Die Mehrdimensionalität paralleler Schlangen an anstehenden Menschen, die sich gegenseitig über die Ski fahren, mag den stillen Beobachter zwar anfangs überfordern, aber langsam sortiert sein inneres Ohr die Gespräche und entscheidet sich, dem besten zu folgen. Hilfreich dabei ist, dass die Menschen in der Liftschlange Helme tragen – und Helme sind trügerisch. Einerseits täuschen sie uns vor, dass das immer schneller und gefährlicher gewordene Skifahren ihretwegen sicher ist – das Thema hatten wir schon vorige Woche. Andererseits reden Menschen lauter, wenn sie einen Helm aufhaben und glauben, die anderen hören wegen des Helms weniger. Das kommt dem Schlangen-Lauscher natürlich sehr entgegen.

Ich erfuhr dadurch diese Woche im Gasteiner Tal unter anderem, dass ...

a) ... der „gestrige Abend“ zweier Teenie-Wienerinnen im Après-Ski „mega“ und „der eine Typ“ zwar sehr süß, aber auch irgendwie „lost“ war.

b) ... das Germknödel von gestern dem Holländer noch immer im Magen liegt und er nun Verstopfung hat.

c) ... Kai aus Gelsenkirchen im Verborgenen Bayern-München-Fan ist.

Das Ende der Schlange ist übrigens nicht das Ende der Privatkonversation. Auch der Sessellift wird von Menschen irrig als geeignet für Privatgespräche gesehen. Ich sage mal so: Kai hat noch mehr Geheimnisse ...

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