Hoffnungszeichen gegen die Unfassbarkeit

Beim Gedenkgottesdienst für die Opfer des Amoklaufs sagte die Sprachlosigkeit vielleicht sogar mehr als viele Worte.
Toni Faber

Toni Faber

Wie so oft in seiner jahrhundertelangen Geschichte war der Stephansdom ein einender und erhebender Fels in der Brandung: Bei der Gedenkfeier für die Opfer des School Shootings in Graz waren am Donnerstagabend das offizielle Österreich sowie die höchsten Religionsvertreter fast geschlossen vor Ort vertreten.

Am Mittwochnachmittag erreichte mich ein Anruf des Bundeskanzlers Christian Stocker mit der Bitte: Ein Gedenkgottesdienst sollte die dreitägige Staatstrauer würdig beenden. 28 Stunden später gedachten im Dom und durch die Live-Übertragung im ORF unzählige erschütterte Menschen der Opfer des Amoklaufs in der steirischen Landeshauptstadt Graz.

Zum tiefen, Mark und Bein durchdringenden Klang der Pummerin wurden unser Wehklagen und Beten mit dem symbolischen Entzünden von Kerzen verbunden: Für jedes der zehn Opfer wurde auf teilweise umgestürzten Schulsesseln vor dem Altar dieses Hoffnungszeichen gesetzt. Der Bundespräsident, der Bundeskanzler, der Bildungsminister, der evangelische und der orthodoxe Bischof, der Präsident der muslimischen Glaubensgemeinschaft sowie der steirische Bischof und drei SchülerInnen zündeten jeweils eine Kerze für die Opfer an.

Nur gemeinsam

Eine letzte Kerze bekam der Täter, der sich kurz nach seiner grausamen Tat des Auslöschens so vieler junger Leben auch selbst das Leben genommen hatte. Diese schwere Aufgabe hatte unser Diözesanadministrator übernommen.

In diesem Zeichen fand die allseits herrschende Sprachlosigkeit vielleicht sogar besser den so notwendigen Brückenbau, als es viele Worte getan hätten. Wie gut es ist, dass wir mitten im Herzen unseres Landes trotz aller politischen Gegensätze und religiöser Entzweiungen so einende nationale Schulterschlüsse vollziehen können.

Zum Autor:

Der Autor ist seit 1997 Dompfarrer und Cityseelsorger in Wien. Email: a.faber@edw.or.at

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