Stadtgeflüster-Kolumne: Kollektives Herzklopfen

Stadtgeflüster-Kolumne: Kollektives Herzklopfen
Es gibt Tage, die vergisst man nicht. Einer ist der 29. April 2011. Ein Tag, an den ich ob der bevorstehenden royalen Hochzeit häufig denke.
Anna-Maria Bauer

Anna-Maria Bauer

Es gibt Tage, die vergisst man nicht. Ungewöhnlich viele davon haben sich während meines Erasmus-Jahres in London zugetragen. Einer ist der 29. April 2011. Ein Tag, an den ich in Anbetracht des Großereignisses kommenden Samstag häufig denken muss.

Es lag eine unwirkliche Stille über der Stadt. Die U-Bahn fuhr nicht. Aus Sicherheitsgründen. Also gingen die Menschen zu Fuß ins Zentrum. Und so befand ich mich auf dem Weg zum Leicester Square bald umgeben von Menschen, die ich nicht kannte, mit denen ich mich dennoch verbunden fühlte. Am vereinbarten Platz empfingen mich meine Freunde mit Union-Jack-Fahnen, Englandschals und Papiermasken der Royal-Family. Riesige Leinwände waren errichtet worden, um die Hochzeit von Prinz William und Kate zu übertragen. Es amüsierte mich, dass ich am Telefon davon geprahlt hatte, live dabei zu sein, wenn ich in Wahrheit das Event wie meine Mutter in Wien am Bildschirm verfolgen würde.

Am frühen Nachmittag kam dann aber der Moment. William und Kate hatten nach der Trauung die rote Kutsche bestiegen, die zügig in Richtung Buckingham Palace rollte. Ehrlich gesagt war ich zu dem Zeitpunkt müde vom Stehen und ein klitzekleines bisschen genervt. Doch dann erreichte die Kutsche Leicester Square. Und für einen surrealen Moment konnten wir sie zwei Mal sehen. Einmal groß am Bildschirm, einmal kleiner, dafür in echt. Und ich merkte, dass die Zeremonie für mich erst in dem Moment Wirklichkeit wurde, weil sie auf einmal Teil meiner Realität war. Offenbar ging es nicht nur mir so. Mit einem Mal war der Platz von einer Aufregung erfasst, die mir heftiges Herzklopfen verursachte. Ich konnte nicht anders als jubeln und klatschen und lachen. Und die Müdigkeit war wie weggeblasen.

Kommenden Samstag ist es wieder soweit. Die nächste Hochzeit im Hause Windsor steht an. Diesmal werde ich die Kutsche nicht mit bloßem Auge sehen können. Das Fernsehdate mit Wiener Freunden ist aber schon lange ausgemacht.

 

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