Erlaub dir Urlaub
Die Tage werden wieder kürzer. Die Sehnsucht nach Erholung wird jedenfalls immer länger – wahrscheinlich, weil das Planen schon so anstrengend ist, dass man davor eigentlich einen Erholungsurlaub bräuchte. Urlaub haben wir uns verdient. Alle miteinander. Aber bis man dort ist, wo man sich angeblich "fallen lassen" kann, fallen viele Entscheidungen. Es hat wahrscheinlich noch nie so viele Möglichkeiten gegeben.
Zuerst die wichtigste Frage: Wohin? Meer oder See? Stadt oder Land? Liegestuhl oder Wanderschuh? Hitze oder kühle Bergluft? Welche Reiseart wähle ich aus: Flugzeug, Auto oder Zug? Die Qual der Wahl. Oder mit dem Fahrrad? Oder gar zu Fuß wallfahren? Das wäre dann die Wahl der Qual.
Der Planungsaufwand wird immer größer und beginnt lange vor dem Urlaub. Im Winter den Sommerurlaub, im Sommer den Skiurlaub – also genau dann, wenn man emotional am weitesten davon entfernt ist. Wer sitzt denn bitte bei -8 Grad im Jänner daheim mit Thermounterwäsche und denkt sich: "Griechenland, das wär’s jetzt!"? Und im Juli, wenn dir der Schweiß auf der Stirn steht und die Hitze dir sämtliche Leichtigkeit nimmt, denkst du über Skifahren, Schneeketten und "Après-Skigaudi" nach?
Dann das Packen. Jedes Mal dasselbe. Drei Wochen vorher sagt man noch: "Dieses Mal mach ich’s gescheit." Zwei Wochen vorher: "Ich schreib mir eine Liste." Eine Woche vorher: "Wo ist die Liste?" Und am Vorabend sitzt man da und überlegt: 14 Tage Strand – wie viel Gewand brauche ich wirklich? Außerdem: Nehme ich den eigenen Polster mit oder schlaf ich fremd? Und der Laptop? Bin ich noch Mensch, wenn ich das WLAN-Passwort nicht sofort eingeben kann? Fahre ich nur deswegen weg, damit ich danach wieder weiß, wie schön es zu Hause ist? Oder wenn ich in Griechenland bin: Bleibe ich wirklich irgendwann einmal dort? Ich jedenfalls habe mich entschieden: Sonne, Süden und Meer. Ich werde dort sitzen, aufs Wasser schauen und mir denken: "Ja, das ist schön." Und gleichzeitig werde ich aufs Handy schauen, ob wer angerufen hat. Urlaub. Eine Zeit der Entspannung, in der man sich bemüht, entspannt zu sein. Wenn man es geschafft hat, fährt man am nächsten Tag wieder heim.
Hole mir Erholung
Ich sitze im Flugzeug und bemerke, wie eine Fliege mitfliegt. Und auf einmal beginnt sich bei mir das Kopfkarussell zu drehen: Wird die österreichische Fliege zur griechischen Fliege? Ich glaube nicht, dass sie wieder zurückfliegen wird, sondern in Griechenland rausfliegen wird. Oder bleibt die Fliege im Flugzeug und fliegt gleich wieder retour? In Österreich fliegt die Fliege dann raus. Hoffentlich verpasst sie dort nicht den Ausstieg oder Ausflug. Oder sie bleibt für immer im Flugzeug und wird eine Flugzeugfliege. Die Fliege beschäftigt mich und die Zeit vergeht wie im Flug. Ich bin seit gestern in Griechenland und denke mir: "Das sind also meine Gedanken, wenn ich viel Zeit habe." Aber gut – ich hab noch ein paar Tage Erholung. Das wird schon wieder.
Zum Autor: Günther Lainer ist auf Kabarettbühnen im ganzen Land zu sehen.
Termine unter: www.guentherlainer.at
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