„Einer, der sich hinsetzt und sich dem Genuss hingibt, als würde er Liebe machen. Der schwärmt und schmeckt, der mit mir seine Geschmackserlebnisse teilt und den Nudeln im Topf andächtig beim Köcheln zusieht. Daneben schnuppert er am Basilikum und fügt der Pasta-Soße noch seine Geschmacksnote hinzu.“ Ah ja. Ihre Vorstellung von Vorspiel, hoher Anspruch. Mag sein, dass die Conclusio „Guter Esser + sensibler Basilikumriecher = guter Lover“ wissenschaftlich nicht haltbar ist, doch ihre Gedanken haben was. Weil die Kunst des Genießens auch immer mit Lebens- und vielleicht sogar Liebeskunst verknüpft ist.
Freundin K schwärmt übrigens von der „Erotik des Nudelessens“. Was das ist? Tja, an dieser Stelle könnte man schlicht werden und erzählen, was passiert, wenn man die Begriffe „Pasta und Erotik“ googelt, in der Hoffnung auf Inspiration. Aber nix da. Stattdessen 50 Shades of Penis-Pasta, Nudeln in Form eines „Ständers“: „Your2Toys Penis-Pasta“, „Bunte Erotik-Nudeln – das sexy Geschenk für sie und ihn“, „Pimmel Pasta aus Hartweizengries“, „Nudel-Set-Pasta- Trio-Skandal“, dazwischen Links zu Gleitgel und essbaren BHs. Eh lustig, aber darum geht’s nicht.
Worum also dann? Dazu fällt mir ein Satz ein, den ich wo gelesen habe. Er drückt auf wunderbare Weise aus, was ich meine: „Eat the Spaghetti to forgetti your regretti“. In Zeiten der Selbstoptimierung sollten wir immer wieder mal der Lebenskunst eines „forgetti regretti“ folgen – also aufhören, permanent unser schlechtes Gewissen zu füttern. Und weniger bereuen. Auch das ist Erotik! Kaum eine Küche verbindet Liebes- und Lebenskunst so perfekt wie die italienische. Hier wird Genuss zum Fest – lachend, liebend, lebend, plaudernd, sinnlich. Schon schließe ich die Augen und erinnere mich an die vielen kulinarisch-magischen Momente in meiner Küche – etwa, wenn sich Olivenöl, Kräuter und herrlich-sämige Soßen mit Orecchiette, Fusilli, Pappardelle, Taglierini, Tagliatelle oder schlichten Spaghetti zu einer Geschmackssymphonie verbinden. Dazu Rotwein, Angelo Branduardi und folgender Gedanke: „Egal. Egal. Egal. Ich will das jetzt haben, so wurscht, wie viele Kohlehydrate auf meinen Hüften landen.“ Weil’s manchmal so sein muss – womit wir wieder beim Sex gelandet wären: Er ist vor allem dann gut, wenn man sich dem Moment hingeben kann, dem Tun und Genießen – und zwar ohne regretti.
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