Lieber Herr G., die Frage, wie stark Arbeitgeber Einfluss auf das äußere Erscheinungsbild ihrer Mitarbeiter nehmen dürfen, zählt zu den arbeitsrechtlichen Dauerbrennern - und unterliegt einem steten Wandel. Sie wird mit jeder gesellschaftlichen Veränderung neu verhandelt, sei es in Bezug auf Mode oder individuelle Ausdrucksformen.
Vorgaben zum Äußeren greifen in das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein. Zulässig sind sie daher nur eingeschränkt. Wichtig ist dabei, dass Ihre Anforderungen sachlich begründet, verhältnismäßig und nicht diskriminierend sind. Je repräsentativer die Tätigkeit, desto mehr Spielraum haben Sie.
Folgende Vorgaben sind nach der Rechtsprechung zulässig:
- Gepflegte, neutrale Kleidung im Kundenbereich einer Bankfiliale oder an der Rezeption
- Verbot provokanter Aufdrucke (z. B. anstößige Sprüche) oder politisch-extreme Symbole
- Hygiene- und Sicherheitsvorgaben, etwa bei offenen Haaren in der Küche oder bestimmtes Schuhwerk.
Im Jahr 1999 entschied der OGH etwa, dass auffällige Accessoires, konkret eine übergroße Goldkette, im Bankwesen untersagt werden dürfen. Angesichts gesellschaftlicher und modischer Entwicklungen könnte ein solcher Fall heute jedoch bereits anders beurteilt werden.
Jede Vorgabe muss verhältnismäßig sein. Ein Verbot eines grellen Haarbands bei einem Busfahrer etwa wurde als unzulässig gewertet – das Image-Argument allein reichte dem OGH nicht. Generell sind ästhetische Vorgaben ohne sachlichen Grund, z. B. eine bestimmte Haarfarbe im Innendienst, unzulässig. Gleiches gilt für ein Verbot sichtbarer Tattoos ohne echten Bezug zur Tätigkeit.
Selbst beim Tragen von Symbolen (z. B. Regenbogenfahne, Kreuz) ist zu prüfen: Handelt es sich um einen Ausdruck geschützter Überzeugung? Oder um bloßen Modeschmuck? Nicht immer ist das klar – hier zählt der Einzelfall.
Ist eine Religion oder Weltanschauung nicht mit unserer Rechtsordnung oder den darin verkörperten Werten vereinbar (z. B. Rassismus), dann kann sie auch keinen Diskriminierungsschutz begründen. Auch das Tragen von entsprechenden Stickern oder Aufschriften kann daher untersagt werden.
Vorgaben zum äußeren Erscheinungsbild Ihrer Mitarbeiter sollten schriftlich, klar und sachlich formuliert sein – etwa als Policy. Falls ein Betriebsrat besteht, ist auch eine Betriebsvereinbarung möglich.
Fazit: Sie dürfen das äußere Erscheinungsbild Ihrer Mitarbeiter im Rahmen legitimer Interessen mitgestalten – aber nicht schrankenlos. Wer klare Regeln mit Augenmaß formuliert, schützt sich vor Konflikten und positioniert sich als moderner Arbeitgeber.
Mag. Lisa Kulmer ist Counsel und Expertin im Arbeitsrecht bei DORDA.
Kommentare