Man schickt mir unerwünschte Intimfotos. Was kann ich tun?

Michael Borsky
Rechtsanwalt Michael Borsky beantwortet juristische Fragen zu praktischen Fällen aus dem Reich des Rechts.

Von Michael Borsky

Ich habe leider eine toxische Beziehung hinter mir. Mein Ex-Freund hat mich danach monatelang gestalkt. Zuletzt hat das zum Glück aufgehört, allerdings bekomme ich seit ein paar Tagen immer wieder von Männern Intimfotos zugeschickt. Die lösche ich zwar gleich, trotzdem ist mir das sehr unangenehm. Ich vermute Freunde meines Ex-Freundes dahinter. Was kann ich tun?

Karin P.

Sehr geehrte Frau P., leider hört und liest man Derartiges sehr oft. Es mag ein schwacher Trost sein, aber immerhin hat der Gesetzgeber dieses Problem erkannt und in den letzten Jahren entsprechend reagiert. Schon mit dem Hass-im-Netz-Bekämpfungsgesetz, das 2021 in Kraft getreten ist, wurden in solchen Fällen die Opferrechte deutlich gestärkt. Auch auf EU-Ebene wurde „Cyberflashing“, also unaufgefordertes Übermitteln von Genitalbildern im Internet (sozialen Medien, Dating-Apps, Nachrichten-Apps, per E-Mail oder SMS, etc.) ausdrücklich als eine spezielle Form der sexuellen Belästigung definiert und 2024 im Rahmen der Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt verboten. Dieses Verbot hatten die Mitgliedstaaten in nationales Recht umzusetzen. Österreich ist dem nun mit der letzten Novelle des Strafgesetzbuches nachgekommen.

Seit 1. September ist mit § 218 Abs 1b StGB ein sogenannter „Dick-Pic-Paragraf“ in Kraft, der die unaufgeforderte Übermittlung von Bildaufnahmen menschlicher Genitalien (männliche und weibliche übrigens) unter Strafe stellt, wenn damit eine Belästigung einhergeht. Bei Zuwiderhandeln droht eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten oder eine Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen. Ausgenommen sind einvernehmlich versandte Bilder. Die bloße Präsenz auf einer Dating-Plattform stellt allerdings noch kein Einverständnis dar. Ausgenommen sind auch Bildaufnahmen mit Genitalien in großer Entfernung (wie etwa Strandfotos).

Um nun auf Ihren Fall zurückzukommen, sehr geehrte Frau P, scheint ein ganz klarer Verstoß gegen diese Bestimmung vorzuliegen. Sammeln Sie die Bilder und senden Sie diese mit allen Informationen und einer kurzen Schilderung des Sachverhalts an die Staatsanwaltschaft. Nehmen Sie aber unbedingt davon Abstand Mutmaßungen oder Verdächtigungen anzustellen, sonst laufen Sie im ungünstigsten Fall Gefahr, selbst wegen Verleumdung belangt zu werden. Schildern Sie den Sachverhalt daher neutral und detailgenau. Will die Staatsanwaltschaft mehr wissen, wird man Sie ohnehin kontaktieren.

Eine Verurteilung der Freunde Ihres Ex-Freundes sollte den Spuk bald beenden. Sollte sich übrigens herausstellen, dass Ihr Ex-Freund dahintersteckt, wäre er als Beitragstäter ebenfalls strafbar.

Ein Tipp noch: Schließen Sie sich dem Strafverfahren mit Ihrer Schmerzensgeldforderung für den zweifellos erlittenen seelischen Schaden an. Nicht nur, dass Sie auf diesem Weg eine Entschädigung zugesprochen erhalten können, haben Sie auch erweiterte Verfahrensrechte und können sich, falls gewünscht, stärker in das Verfahren einbringen.

Nicht unerwähnt bleiben sollen an dieser Stelle auch die diversen Opferschutzeinrichtungen, die Sie hier unentgeltlich begleiten und unterstützen können. Viel Kraft!

Michael Borsky ist Rechtsanwalt und Partner bei Ruggenthaler, Rest & Borsky in Wien.

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