Recht praktisch: Was tun gegen Kredithaftung im Scheidungsfall?

Recht praktisch: Was tun gegen Kredithaftung im Scheidungsfall?
Rechtsanwältin Dr. Maria In der Maur-Koenne beantwortet juristische Fragen zu praktischen Fällen aus dem großen Reich des Rechts.
Maria  In der Maur-Koenne

Maria In der Maur-Koenne

Ich stehe kurz vor einer Scheidung im Einvernehmen. Im Entwurf des Scheidungsvergleichs steht, dass „jeder für seine Schulden haftet“. Jetzt stellt sich heraus, dass mein Mann, der während der Ehe ein Geschäft betrieben hat, hohe Schulden hat, von denen ich nichts wusste. Leider war ich in unserer Ehe sehr naiv und habe immer wieder Dokumente unterschrieben, die mir mein Mann hingelegt hat. Ob da auch Bankunterlagen darunter waren, weiß ich einfach nicht mehr. Ist es möglich, dass ich zu Hause einen Kredit oder eine Bürgschaft unterschrieben habe? Kann ich  jetzt noch etwas tun, falls ich für einen Kredit hafte?

Katrin A., Wien

Liebe Frau A., grundsätzlich ist es möglich, dass ein Darlehensvertrag oder auch eine Bürgschaft außerhalb von Bankräumlichkeiten unterschrieben wird. Praktisch kommt das allerdings äußerst selten vor. Es  ist daher jedenfalls notwendig, dass Sie mit der Bank, bei der Ihr Mann seine Darlehen hat, Kontakt aufnehmen, um hier endgültige Klarheit zu erlangen.

Gerade gemeinsame Schulden stellen bei einer Ehescheidung immer wieder eine Herausforderung dar. Deshalb ist es besonders wichtig, vor einer einvernehmlichen Ehescheidung zu klären, ob gemeinsame Schulden bestehen. Im Falle gemeinsamer Schulden für eheliches Gebrauchsvermögen, etwa für die Anschaffung der Ehewohnung, gibt es nämlich die Möglichkeit einer Antragstellung gemäß § 98 Ehegesetz.

Durch einen entsprechenden Beschluss des Gerichts wird dann ein Ehegatte auch ohne Zustimmung der finanzierenden Bank dieser gegenüber Alleinschuldner, wohingegen der andere Ehegatte nur noch wie ein Ausfallsbürge zu behandeln ist. Dadurch haftet dann nicht nur im Innenverhältnis zwischen den Ehegatten nur noch einer für den Kredit als Hauptschuldner, sondern kann auch die Bank nur noch auf einen Ehegatten zugreifen. Der andere Ehegatte, der nun nur noch wie ein Ausfallsbürge zu behandeln ist, könnte erst nach Verwertung sämtlicher Sicherheiten und dem erfolglosen Exekutionsversuch beim Hauptschuldner, oder falls der Hauptschuldner unbekannten Aufenthalts ist, in Anspruch genommen werden.

Ein Antrag gemäß § 98 Ehegesetz kann innerhalb einer einjährigen Präklusivfrist ab Ehescheidung oder während eines Aufteilungsverfahrens von einem Ehegatten gestellt werden. Bei einer einvernehmlichen Ehescheidung wird der Antrag zumeist bereits direkt im Scheidungsvergleich gestellt. Diese Möglichkeit besteht allerdings nur, wenn im Scheidungsvergleich die Haftung im Innenverhältnis geregelt wurde.

Weiters gibt es diese Möglichkeit nur bei solchen Kreditverbindlichkeiten, mit denen eheliches Gebrauchsvermögen finanziert wurde, nicht jedoch für Unternehmensschulden eines Ehegatten.

Sollten die Schulden Ihres Ex-Mannes für seine unternehmerische Tätigkeit aufgenommen worden sein, hätten Sie die Möglichkeit einer Antragstellung gemäß § 98 EheG nicht. Auch die Formulierung „jeder haftet für seine Schulden“ ist für Sie ungünstig, da Sie mit dieser Formulierung weiterhin im Innenverhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Mann haften. Ich rate Ihnen daher dringend vor Durchführung der einvernehmlichen Ehescheidung, rechtlichen Rat bei einem auf Familienrecht spezialisierten Rechtsanwalt einzuholen.

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