Paaradox: Liebesmüh

Gabriele Kuhn und Michael Hufnagl
Sie
Das war vielleicht was, als Freundin K. von ihrem Liebsten am Morgen des Valentinstags 2024 eine Karte mit folgendem Text überreicht bekam: „Rosen, stechen, Veilchen stinken, scheiß auf die Blümchen – wir gehen was trinken.“ Als exzessive Blumenliebhaberin war sie nur bedingt amüsiert, aber ein bissl lachen musste sie trotzdem. Ich wette, heuer bekommt sie einen XL-Strauß überreicht. Rosen. Rot. Eh klar. Und bei uns so?
In Herzform
Da ist alles anders: Valentinstag wird weder getrunken noch etwas Spezielles geschmaust, noch findet eine Blumenstraußübergabe statt. Wir feiern den Tag nicht, wobei ebenfalls übertrieben wäre, würden wir behaupten: Bei uns ist jeder Tag Valentinstag. Aber natürlich: Schaden tun so ein paar Valentinstag-Vibes nie, deshalb habe ich den Mann gegenüber dieser Tage gefragt, was er präferieren würde: ein Schnitzi in Herzform, ein Sechser-Tragerl vom Rotwein „Mr Lover, Lover 2019“ aus Neckenmarkt oder das „kurzweilige Quiz-Spiel“ (so der Werbeclaim) „Stadt. Land. Das liebe ich an dir“. Ohne zu verraten, wofür er sich entschieden hat (das kann er ja drüben tun), sag’ ich es offen: Mir wäre das Quiz recht angenehm, schließlich wurde es von „Diplompsychologen“ entwickelt. Den „Lover, Lover“-Jahrgangstropfen würde ich dann allenfalls ergänzen, um spielerisch besser voranzukommen. Vor allem in Rubriken wie „Das bewundere ich an dir“, aber auch: „Gemeinsames Hobby“. Licht und Schatten, quasi – denn in Rubrik 1 würde irre viel stehen (zumindest, was er über mich sagen könnte), in Rubrik 2 nix. Weil: Ich war schon immer für getrennte Hobbies. Nicht auszudenken, würde er mir beim Malen mit Acryl dreinpfuschen und ich ihm beim Lösen von Sudoku oder Zeit-Rätsel. Da müsste man glatt eine neue Rubrik einführen: „Was mich an dir nervt.“ Dann schon lieber Herz-Schnitzi mit einem schönen Glas Holunder-Rosenblüten-Limo, aufg’spritzt, rosa schimmernd.
Er
Ich erinnere mich an Freund S., der einst launig berichtete, wie er seine Frau Jahr für Jahr am Valentinstag mit semi-originellem Schickschnack beschenkt, um seinem Widerstandsgeist Ausdruck zu verleihen. Vom gehäkelten Kaktus über herzförmige Dartspfeile bis zur Ketchupflasche mit personalisiertem Design – der Markt für die Persiflage auf das Romantische sei respektabel. Und für ihn eine Exit-Strategie im weiten Feld der terminisierten Beziehungsarbeit nach dem Credo: Flora et labora. Im Zuge seiner Schilderungen schwärmte er lässig darüber, wie sehr die Liebste seine Rebellion mit Humor nähme. Die anwesenden Freunde verständigten sich partiell neidvoll auf: „Das würd’ ich mich nie trauen.“ Bald darauf waren von seiner Erhabenheit nur mehr Spurenelemente sichtbar – als ich ihn am Valentinstag traf … im Blumengeschäft … mit einem monumentalen Strauß in Händen. „Oha“, sprach ich, „hat die Mama Geburtstag?“ Da stammelte er vor sich hin, es klang nach auspffnahmspffweipffse, und am Ende stellte sich heraus, dass seine Frau den ultimativen Rosentraum irgendwie doch für die witzigste aller Ideen hielt.
Flower-Power
Derlei könnte mir freilich nie passieren. Es ist zwar nicht so, dass gnä Kuhn schon ab Mitte Jänner in zappeliger Vorfreude den Flower-Power-Countdown startet, aber ein feinfühliger Ehemann weiß nach vielen gemeinsamen Jahren genau: Wenn sie sagt, ihr sei der Valentinstag nicht wichtig, weil es etwas Programmatisches hat, heißt das in Wirklichkeit: Aber ein bisserl auf Blumen zu spekulieren schadet nie. Eh nicht. Wir haben uns trotzdem darauf geeinigt, einander ohne Brimborium zuzuzwinkern. In diesem Sinn kann ich mich darauf verlassen, dass sie allerlei Merkwürdigkeiten hervorkramt. Diesmal werde ich allerdings kontern: Und zwar mit der „Knister-Kiste – Gesprächsimpulse für Feuer in der Beziehung“. Das könnte lustig werden … spätestens bei der Karte: „Sorry, Blumen waren aus.“
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