Majestäts-Missachtung
Der Pranger, an dem Verurteilte und Sünder früher zur Schmähung vorgeführt wurden, hatte unterschiedliche Formen: ein Pfahl am Hauptplatz, ein Halseisen am Rathaus, ein Schandsessel an der Stadtmauer. Dann kam das Spätnachrichtenstudio auf dem Küniglberg: „… mit beiden hätten wir gerne in der Sendung darüber gesprochen, aber sie sind unserer Einladung leider nicht gefolgt.“ So oder ähnlich lautet der Schuldspruch fast allabendlich. Die Sünder sind meist Politiker, die nicht sofort alles liegen und stehen lassen, um dem ZiB2-Ruf aus aktuellem Anlass zu folgen. Sie haben sich mithin der Majestäts-Missachtung schuldig gemacht und den Pranger selbst eingehandelt.
Kann man diesen Unfug bitte abstellen? Es gibt keine Erschein-Pflicht. Auch beim ORF nicht. Zeitungen schreiben auch nicht, wen sie zum Interview gebeten haben – sie veröffentlichen Interviews, wenn sie geführt sind. So funktioniert das. Bitte, danke!
andreas.schwarz@kurier.at
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