Chili-Marmelade
„Wo sind die ganzen Nacktschnecken hin“, frug ein geschätzter Kollege der "Presse", die gefräßigen spanischen Wegschnecken seien heuer noch gar nicht aufgetaucht. Kunststück: Sie sind, sowie es feucht wird in diesem Sommer, alle bei mir. Im kleinen Gemüsegarten. Sie fressen die Zucchini; sie sitzen in den durchtunnelten Melanzani; Tomatenstauden erklimmen sie in Everest-gleichen Seilschaften; eine Erdbeere, heuer wertvoll wie eine Trüffel, wird im Vorbeischleimen erledigt; und liegt ein Apfel rum, hat er eine Schnecken-Schale.
Man vergisst seine humanistische Erziehung, zugegeben. Man möchte den glitschigen Räubern mit einem Feuerwerfer zu Leibe rücken, sie auf einem langen Stab aufspießen, sie rädern, vierteilen, hängen – und dann schreckt man doch zurück, weil sie augenscheinlich intelligente Wesen sind: Den heuer erstmals gepflanzten Chili-Strauch meiden sie wie der Teufel das Weihwasser, recte: der Schneck das Feuer.
Heuer also: Chili-Sugo, Chili-Auflauf, Chili gebraten, Chili-Marmelade, Chili-Saft – sonst gibt’s ja nix. Man muss sich der Natur nur anpassen.
andreas.schwarz@kurier.at
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