Normal?

Normal?
Das Niedagewesendste ist grammatikalisch falsch, aber geil
Andreas Schwarz

Andreas Schwarz

 

Das mit dem Schnee und der Eiseskälte ist ja fürs Erste vorbei, aber Frühling schaut anders aus, oder? Gastgärten, wenn sie offen hätten, wären Nassgärten, trotzdem fällt zu wenig Regen für die Natur, dafür steigt das Thermometer zu langsam. Das führte jüngst zur Schlagzeile: „Ist dieses April-Wetter noch normal?“

In dieser Zeile steckt alle Verirrung unserer Zeit. Das ganze Unglück der sich selbst überholenden Aufgeregtheitsblase. Der Satz ist der Schlüssel für die Gesellschafts-Analyse auf der Couch: Was normal ist, hat keinen Wert. Die mediale Schnappatmung verlangt nach dem Abnormalen. Nach dem größten, heißesten, verheerendsten Was-auch-immer. Nach dem nie Dagewesendsten! Das ist zwar grammatikalisch falsch, aber geil. Wie eine Droge. Wo der Rekord und die Katastrophe ausbleiben, vom Klima bis zum Cluster, werden wir unrund.

Und nicht einmal das sprichwörtliche April-Wetter darf stinknormal nur ein April-Wetter sein.

andreas.schwarz@kurier.atx

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