Nächstenliebe

Nächstenliebe
Über die kranke Lust, es dem anderen reinzusagen
Andreas Schwarz

Andreas Schwarz

Der Papst hat Impfen gegen Covid als einen Akt der Nächstenliebe und nun auch als „moralische Verpflichtung“ bezeichnet. Damit hat er a) sehr recht und läuft b) Gefahr, ohne nähere Erläuterung der Begriffe nicht verstanden zu werden: Nächstenliebe, Verpflichtung, wie?

Heute regiert verbreitet die Selbstliebe, die im besten Fall den grantelnden Misanthropen gebiert, der sich aus der Welt rundum zurückzieht. Im häufigeren Fall weckt sie die vermeintliche Verpflichtung, es dem anderen reinzusagen. Das Wohlgefühl der eigenen moralischen Überlegenheit oder der eigenen intellektuellen Überschaubarkeit ist so groß, dass es auf Social Media und auf der Straße hinausgebrüllt wird, was die eigenen Phon hergeben.

Dummerweise macht der Zeigefinger der Moralisierer die Welt nicht besser und der dumpfe „Meine Freiheit nehm’ ich mir“-Ruf der Impfgegner die Welt nicht gesünder. Nächstenliebe wär’ noch eine Möglichkeit.

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