Malstunde
Wann genau hat der Großstädter eigentlich verlernt, sich selbst die Fingernägel zu schneiden?!
Muss unlängst gewesen sein.
Ich wüsste nicht, warum sonst an jeder Ecke ein Nagel- oder Kosmetikstudio aufsperrt. Kann ja nicht nur daran liegen, dass Frau verlernt hat, wie sie sich die Nägel lackiert. Oder dass das Adipositas-Problem ein Ausmaß erreicht hat, das es der halben Bevölkerung unmöglich macht, sich über den eigenen Bauchumfang hinweg zu den eigenen Fußnägeln zu bücken.
Seit Charles Revson in den 1930er-Jahren auf die Idee gekommen ist, Autolack in kleine Fläschchen abzufüllen und teuer in der 5th Avenue an die Zielgruppe Frau zu verkaufen, haben Generationen von Frauen sich die Nägel lackiert. Persönlich. Ich habe eine Tante, die kann das auf einer fünfspurigen Autobahn, mit den Knien durch den Stau von Los Angeles lenkend.
Wissen Sie, was Madame Rubinstein angeblich zum Besten gegeben hat? „Es gibt keine hässlichen Frauen, nur faule.“ Hat sie freilich aus Eigennutz gesagt. Weil sie mit wasserfestem Mascara und Lippenstift reich geworden ist. Heute muss man sich ja nicht erst mühsam Cochenilleschildläuse zermalmen, um an rote Farbe zu kommen, die man sich auf die Lippen schmiert. Man geht in den Drogeriemarkt, kauft Lippenstift, malt sich schön. So die Theorie.
Die Praxis zeigt, dass nicht jeder mit zeichnerischem Talent gesegnet ist. Manch einer kommt geschminkt daher wie ein gefährlicher Krieger. Etwa schmallippige Damen, die sich Schlauchboot-Lippen ins Gesicht zaubern wollen und danach eher ausschauen, als wären sie auf dem Weg zum Faschingsgschnas. Als Batmans Joker.
Andere greifen zum Haarfärbemittel und kommen plötzlich daher wie ein Mensch gewordener Fliederbusch.
Ganz zu schweigen von orangehäutigen Gesichtern, die ganz ohne Sonnenlicht braun werden wollen. Mit fragwürdiger Bräunungscreme.
Andererseits auch egal. Mit orangem Gesicht und gelbem Haar kann man richtig Karriere machen. Hat einer der mächtigsten Männer der Welt vorgezeigt.
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