Andererseits: Waage Vorstellungen

Ein Mann mit blonden Haaren und einem schwarzen Hemd blickt in die Kamera.
Kabarettist Klaus Eckel über seine Diätversuche und was das mit Äpfeln zu tun hat.
Klaus Eckel

Klaus Eckel

Als Jugendlicher war ich beleibt. Heutzutage würde man vermutlich sagen, dass ich viel Körper zum Liebhaben anbot. In meiner Schulzeit durfte man als Vollschlanker im Turnsaal zwischen drei Bezeichnungen wählen: Moppel, Schwabbel und Pummel. Da ich die Spitznamen-Auswahl erweitern wollte, verschrieb ich mir eine selbst entwickelte Diät. Ich begann um 12, 14, 16 und um 18 Uhr, einen Apfel zu essen. Sonst nichts. Manchmal betrog ich den Apfel mit einer Birne. Rückblickend betrachtet war meine Apfeldiät so intelligent wie eine Giraffe mit einem Lastenfahrrad zu transportieren, nur wollte ich mich am Partnerschaftsmarkt unbedingt als Option präsentieren. Nach sieben Wochen brach ich bei einer Interrailreise in einem Londoner Kaufhaus zusammen. Kreislaufkollaps.

Zwanghaft zum Italiener

Meine Freunde halfen mir auf und zwangen mich, mit ihnen zu einem All-you-can-Italiener zu gehen. Ich schaffte 2 cm Pizzarand. In diesen zwei Monaten verlor ich fast 12 Kilo. Seitdem wurde ich nie wieder beleibt. Meine Selbstdisziplin machte mir klar, dass es für eine derartige Qual im Leben nur einen Gutschein gibt. Der ist damit verbraucht. Ich dachte an diese Zeit, als mir ein stark übergewichtiger Bekannter erzählte, dass er wegen der Nutzung der Abnehmspritze oft ermahnt wird: „Iss doch mehr Salat!“ Dieser Ratschlag scheint mir bei Adipositas so sinnvoll, wie wenn man einem Zuckerkranken empfiehlt: „Produziere doch einfach mehr Insulin!“

Während meiner damaligen Diät hätte sich mein Hunger sofort auf ein Nagelbett mit Abnehmspritzen gelegt. Doch die Kehrseite des injizierten Wunschfigur-Traums ist unübersehbar. Es gibt immer mehr junge Menschen, die sich Ozempic & Co. spritzen, um sich anstatt in eine XXXS-Jeans in eine XXXXS-Jeans zwängen zu können. Wirklich überall nisten Widersprüche. Eigentlich wie beim Apfel – er enthält Vitamin A, C und Kalium, jedoch gleichzeitig vertrieb er uns alle aus dem Paradies.

Zum Autor: Klaus Eckel ist Kabarettist und Buchautor. Termine 2025 auf globe.wien

Kommentare