Meine stärkste Schwäche
Von Klaus Eckel
"Ihr Passwort ist zu schwach", erschien erneut unter dem E-Banking-Login meiner Hausbank. Am liebsten hätte ich zurückgeschrieben: "Ihre Verzinsung ist auch zu schwach! Und was ändern Sie daran?" Wenn ich bedenke, was alles bei mir eine Schwäche ist – Selbstmitleid, Sprunghaftigkeit, Hitzköpfigkeit, Unentschlossenheit, Vergesslichkeit, Ungeduld und Linzer Torte –, da ist ja wohl mein Passwort das geringste Problem. Und dann ist es halt schwach – werde ich von einem mongolischen Hacker über den Tisch gezogen oder meine Hausbank?
Auf meinem Computerdisplay kleben mittlerweile derart viele Post-its mit Passwörtern, dass der 21 Zoll große Bildschirm zu einem Guckloch schrumpfte. Die Webcam habe ich auch zugeklebt, schließlich könnte der Hacker von dort nach unten auf meine Post-its schielen. Der tägliche Blick auf meine Passwort-Zettel-Collage beweist: Im Internet kommen auf jeden Surfer fünf Betrüger.
Der Computer traut auch mir nicht. Ich klicke unentwegt auf Zebrastreifen, Ampeln und Brücken, um zu beweisen, dass ich ein Mensch bin. Bei diesen Captcha-Tests habe ich mich derart oft geirrt, dass ich mich allmählich damit abfinde, ein Roboter zu sein.
Im Internet ist das Misstrauen der wichtigste Gefährte. Soll ich auf das Sonderangebot für eine Villa am Wörthersee für nur 50.000 € klicken? Ist das Foto von Papst Leo, wie er auf einem E-Scooter über die Skisprungschanze am Bergisel fährt, echt? Stimmt die Nachricht, dass letzte Nacht die Donau heimlich die Flussrichtung geändert hat? Wie glaubwürdig ist der Artikel über die neue Käsekrainer, die angeblich vor Grippeviren schützt? Sind die 5-Sterne-Bewertungen für die Parmesanreibe, die beim Reiben gleichzeitig meine Umsatzsteuervoranmeldung macht, realistisch? Das letzte Angebot war derart verlockend, dass ich sie bestellte. Denn nicht nur mein Passwort ist schwach, sondern auch meine Liebe zur Steuererklärung.
Der Autor ist Kabarettist und Buchautor. Termine 2025 auf globe.wien
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