Stadt, Land, Flucht: Andere Welten

Der Kabarettist Günther Lainer hat sich spontan ins Landleben verliebt.
Günther Lainer

Günther Lainer

Ich bin frisch verliebt. Und das kam so: Ich war auf einer Hochzeit eingeladen. Eine gute Freundin hatte mich gebeten zu kommen – und inzwischen ist ihr Mann auch ein guter Freund von mir, weil der Freund der Mann von meiner Freundin wurde. Die Hochzeit fand in Tirol statt. Auf dem Land. Ganz ursprünglich, ganz echt. Erst die standesamtliche Trauung, dann die kirchliche – alles in einem Ort, wo die Welt noch in Ordnung ist, wie mein alter Pfarrer sagen würde, und wo der Nachbar noch weiß, wie man heißt. Und ich sag’s ehrlich – ich habe mich verliebt. Hals über Kopf und mit der kritiklosen Betrachtungsweise, die uns frisch Verliebten so nachgesagt wird: in die einladende Umgebung, in diese besondere Art Hochzeit zu feiern – ehrlich, herzlich, mit Musik und Sinnlichkeit. Das kann schon passieren, wenn das Herz offen ist und die Berge ringsum schweigen. Der Stadtmensch wird zum Naturmenschen, und sogar ich hatte plötzlich Lust, auf einen Berg zu gehen. Ich fühlte mich mir selbst fremd, weil dieses Gefühl für mich neu war.

Dort, wo wir feierten, sah alles aus wie in einem Bilderbuch. Die Wiesen grün, die Luft klar, die Menschen offen. Von außen wirkte es fast zu schön, um wahr zu sein. Aber wenn man genauer hinsah – ein bisschen stehen blieb, hinter die Fassade schaute –, dann nahm man auch die Arbeit wahr. Die Strenge hinter der Herzlichkeit, die Mühe, damit sich alles wie eine Feier anfühlen konnte. Und doch – wenn man dort als Gast war, auf einer Hochzeit eingeladen, dann blieben einem die Anstrengungen verborgen. Ich hatte nur Augen für das Schöne. Die Berge. Die Stimmung. Die Gemeinschaft. Ich spürte, wie eine Welt kurz stillstand, nur für diesen einen Tag. Alles war da: Liebe, Lachen, Umarmungen, Wein und Bier. Menschen von nah und fern, aus dem Dorf und aus der Stadt, aus Österreich und Deutschland – für einen Moment eine große Gemeinschaft, vergleichbar mit einem Jungscharlager.

Es war ein wunderbares Fest. Ich hatte viele neue Leute kennengelernt, spannende Gespräche geführt, ein paar Lieder gesungen, einige neue Tänze gelernt, viel gelacht, und wie das so ist: Irgendwann ging es dem Ende zu, und die Gedanken Richtung Abschied wurden konkret.

Die Pflicht ruft

Und dann ging es weiter am Montag. Alltag. Ein Drehtag in Wien. Verkehrte Welt. Gestern noch Almwiesen, große schöne Berge und klare Blicke – heute Ampelstaus, Termindruck, Stadtluft. Jetzt lag es an mir, wunderbare Momente und Illusionen für andere zu erzeugen, ohne dabei zu zeigen, wie groß die Anstrengung dahinter ist. Das Kontrastprogramm. Und doch: Beides gehört zum Leben. Manchmal fragt man sich, wo man eigentlich mehr zu Hause ist. Es bleibt die Erinnerung und vielleicht auch ein bisschen die Sehnsucht, etwas zu verändern. Aber die Realität holt dich ein und bestimmt dein Leben. Dennoch: Das Großartige ist, dass man es immer tun kann, sich in andere Welten hineinzuwerfen. Vornehmen muss man es sich. Es passiert eher selten von allein. So wie Hochzeiten.

Zum Autor: Günther Lainer ist auf Kabarettbühnen im ganzen Land zu sehen.

Termine unter: www.guentherlainer.at

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