Chaos de Luxe: Ungünstige Eindrücke

Man war ein Globetrottel erster Kategorie
Polly Adler

Polly Adler

Polly Adler über Weihnachtsschlangen & Eingeborene

Ich könnte Sie mit Na-jetzt-sagen-S’-aber-nix-mehr-Anekdoten Sonderzahl langweilen. Als ich mich in Saint-Tropez von der Feuerwehr vom Pier wegspritzen ließ; als mich eine Lesbe in der Provence beim Autostopp attackierte, als ich in Thailand „magic mushrooms“ futterte und Tage flach wie eine Amöbe lag, ohne dass die internen Diavorträge ein Ende genommen hätten. Ja, man war auch schon in der argentinischen Pampa ausgeraubt worden und hatte den Schlangen in Costa Rica Weihnachtslieder vorgesungen – um sie zu vertreiben. Sinnlos übrigens, denn Schlangen sind zappentaub. Kurzum: Man war ein Globetrottel erster Kategorie. Jetzt, wo ständig alle überall hinkönnen, hat das Kosmopolemische an Pepp verloren. Es entwickelt sich auch eine latente Aggression gegen jene Menschen, die auf allen sozialen Medien ständig ihre Urlaubserlebnisse, inklusive öder Strandfotos (oft mit dem Text Und ihr so?) und Obstschnitzarbeiten-lastiger Frühstücksbuffets, posten. Die gerade zu frischem Reichtum Gekommenen praktizieren diese Ich-hab-was-was-du-nicht-hast-Attitüde besonders penetrant: Suiten in Sechsstern-Kästen, in denen man Gokart-Rennen veranstalten könnte, müssen da herhalten, Austern-Türme, Infinity-Pools, bis der Arzt kommt. Das ist ja so unelegant, wenn nicht sogar vulgär. Es gibt prinzipiell kaum etwas Ermüdenderes als die Urlaubseindrücke fremder Menschen; nur noch zu toppen von den Fotos der Kinder dieser fremden Menschen. Wer wirklich reisen will, möge die Tour-Tagebücher Franz Ferdinands studieren. Dort finden Sie verbale Juwelen wie „Die Eingeborenen machen keinen besonders günstigen Eindruck“. Da geht nur noch jene Schiffsmeldung von Harald Schmidt drüber, der gerade auf dem Traumschiff durch den Orient schippert. Aus dem Deck-Lautsprecher ertönte dort nach der Pyramiden-Exkursion unlängst das schöne Kommando: „Die Highlights sind vorbei, jetzt können wir genießen!“

Pollys Muttertagsspecial im Rabenhof: 13. 5., 11 und 15 Uhr. Mit Happel, Händler & Morzé.

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