Chaos de Luxe: Märchenstunde in Bobohausen
Es ist auch kein Waldspaziergang, ein Kind von total bewussten Bobo-Eltern zu sein. Unlängst war ich in so einem Haushalt zu Gast, als die kleine Apollonia Elektra Georgina von ihrem Papa zu Bett gebracht wurde. Im Wohnzimmer, wo ich mit Mutti ein Lassi schlürfte, konnte man mitlauschen.
AEG (wie ich sie insgeheim nannte), 7, verlangte ein Märchen, von den Grimm Bros, „das mit den Kindern, die ihre Eltern verlassen, Papa ...“ Papa, ein Nachhaltigkeitsbeauftragter in einem Waschmittelkonzern, legte mit einer politisch-korrekten Version von Hänsl und Gretl los: „Zwei Kinder beschlossen, von ihren Eltern eine Auszeit zu nehmen. Denn diese Eltern waren unbelehrbar. Der Vater beharrte auf seinem SUV und scherte sich einen Teufel um Treibgasemissionen. Die Mutter trug Kleider von Designern, für die kleine Kinder ganz weit weg in dunklen Höhlen sticheln mussten. Sie weigerten sich auch, zu Fuß in die Ferien zu gehen. Sie wollten fliegen! Man stelle sich vor! Mit solchen Bezugspersonen wollten die Kinder nichts mehr zu tun haben ...“ AEG gähnte hörbar. Klar, dass das Hexenhaus dann aus glutenfreiem Lebkuchen war, damit die Kinder kein Bauchweh bekamen. Die Hexe war eine Transgender-Person, die mit ihrer neuen Geschlechtsidentität „voll positiv“ klar kam, und nur deswegen „kurz böse“ war, weil sie traumatisiert aus einem Kriegsgebiet hatte flüchten müssen. Am Ende lebten die Kinder mit der Transgender-Hexe für eine Weile glücklich ohne Internet, ehe sie nach erfolgreichem Digital Detoxing wieder zu ihren inzwischen aus Schock geläuterten Bezugspersonen aufbrachen. Die dermaßen bespaßte AEG, die, so Lassi-Mutti, „eine total normale Schule, keine Schnöselschmiede“ besuchte, seufzte dann nur: „Oida, Papa, das ist ka Märchen, des is’ a Vollschas.“ Ich gab ihr seelisch fünf und rief ihr leise zu: „Bravo! Aus dir wird noch was.“
Xmas-Special am 6. Dezember: Bühne im Hof in St. Pölten 19 Uhr 30. Mit Ulrike Beimpold und Petra Morzé.
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