Lektion 23: Wie man neue Freunde findet

Lektion 23: Wie man neue Freunde findet
Von einer Österreicherin, die auszog und den Hürden und Hindernissen, die sie dabei meistert.
Anna-Maria Bauer

Anna-Maria Bauer

In Großbritannien entstehen Freundschaften nicht bei spaßigen Freizeitbeschäftigungen: in der Yogastunde, im Malkurs oder bei der Sommerparty. Schon deshalb nicht, weil die Briten durch wegfallende Feiertage (das hat sich Heinrich VIII. bei seinem Bruch mit der katholischen Kirche nicht zu Ende überlegt) und durchschnittlich mehr Überstunden drei Wochen weniger Freizeit im Jahr zur Verfügung haben. Dazu kommen die Arbeitswege. Wer seinen Arbeitsplatz in London hat, ist im Schnitt eine Stunde am Tag unterwegs, in der Realität viel länger.

Ein Beispiel? Geplante Abfahrt am Montag: 19.42 Uhr. Um 19.41 Uhr erscheint der Zusatz „Verspätet“ auf der Anzeigetafel. Um 19.50 Uhr verschwindet er. Kollektives Stöhnen. Die junge Frau neben mir sagt: „Nicht schon wieder, oder?“ Zwanzig Minuten später fällt auch der nächste Zug fällt aus. „Der um 20.42 Uhr fährt aber“, verspricht das Personal. (Spoiler: Tat er nicht.)

Eine Geduldsfrage

„Sollen wir uns hinsetzen?“ Mit Blick auf die Anzeigetafel beginnen wir zu plaudern. Zunächst zögerlich, dann freigiebiger und hören nur kurz auf, als eine auf die Toilette verschwindet, während die andere die Taschen bewacht.

23 Uhr, endlich am Zielbahnhof: Es riecht nach feuchtem Gras und falschem Jasmin. Unser Lachen hallt über den Parkplatz. Bei den Autos bleiben wir kurz stehen.

„Wie heißt du eigentlich?“

„Wollen wir in Kontakt bleiben?“

In Großbritannien findet man Freunde nicht bei Freizeitkursen, sondern im gemeinsamen Leid, das einen nicht nur oberflächlich, sondern wunderbar tief verbindet. It was lovely to meet you, Emma.

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