Aufsichtsratsmandat: Prestige oder Haftungsbürde?

Aufsichtsratsmandat: Prestige oder Haftungsbürde?
Die Rechtsanwältin Mag. Patricia Backhausen beantwortet Fragen rund um Aufsichtsräte.

Ob ÖBAG, Commerzialbank oder Wirecard – bei all diesen Themen gerät ein Organ regelmäßig unter die Lupe der öffentlichen Berichterstattung: der Aufsichtsrat. Lange wurden Aufsichtsratsmandate eher als Prestigefunktion betrachtet. Diese Wahrnehmung hat sich mittlerweile geändert. Auch beim Aufsichtsrat handelt es sich mitunter um ein haftungsgeneigtes Mandat. Doch wie umfangreich ist seine Verantwortung tatsächlich? Ein kurzer Überblick:

Was ist die Aufgabe des Aufsichtsrats und welche Qualifikationen haben seine Mitglieder aufzuweisen?

Aufsichtsräte sind in Aktiengesellschaften (AG) zwingend vorgesehen, in Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) nur unter bestimmten Voraussetzungen, wobei bei Letzteren auch eine freiwillige Einrichtung möglich ist. Kernaufgabe des Aufsichtsrats ist die Überwachung und Beratung des Vorstands (AG) bzw der Geschäftsführung (GmbH).

Um dieser Aufgabe effektiv nachgehen zu können, sollte der Aufsichtsrat so zusammengesetzt sein, dass die Aufsichtsratsmitglieder einander fachlich gut ergänzen (z. B. Finanzen, Recht, Technik). Darüber hinaus muss jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied persönlich und fachlich ausreichend qualifiziert sein, um rechtliche und wirtschaftliche Zusammenhänge zu erkennen und ihre Auswirkungen auf das Unternehmen beurteilen zu können. Das Aufsichtsratsmitglied muss daher vor allem in der Lage sein, Berichte des Vorstands bzw der Geschäftsführung sowie des Abschlussprüfers zu verstehen und im Kontext der konkreten Branche der Gesellschaft kritisch zu hinterfragen. Für (börsenotierte) AGs gibt es weitere Vorschriften zur Zusammensetzung des Aufsichtsrats.

Wie kommt der Aufsichtsrat seiner Aufgabe nach?

Die Tätigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds beschränkt sich nicht nur auf die bloße Teilnahme an Sitzungen oder etwaigen Ausschüssen. Vor allem die Vorbereitung auf diese geht mit einem nicht zu unterschätzenden Zeitaufwand einher. Der Aufsichtsrat fungiert schließlich nicht bloß als Kontrollorgan, sondern soll Vorstand bzw Geschäftsführung auch beraten und strategisch begleiten. Einige Geschäfte bedürfen sogar explizit der Zustimmung des Aufsichtsrats, wie z. B. Investitionen eines bestimmten Ausmaßes oder die Festlegung der allgemeinen Grundsätze der Geschäftspolitik. Drängen sich dem Aufsichtsrat Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit erhaltener (bedeutsamer) Informationen auf, hat er sich um weitere Aufklärung zu bemühen, wobei die erforderliche Intensität der Intervention mit dem Grad der Krisensituation steigt.

Können die Aufsichtsratsmitglieder haften?

Sollten Aufsichtsratsmitglieder ihre Sorgfaltspflicht schuldhaft verletzen, kann dies mitunter haftungsrechtliche Konsequenzen haben. In der Regel haften sie nur der Gesellschaft gegenüber, eine Haftung gegenüber Dritten (z. B. Gläubigern) ist in Ausnahmefällen möglich. Der Sorgfaltsmaßstab wird dabei objektiv beurteilt, d. h. es wird darauf abgestellt, welche Sorgfalt man von einem ordentlichen Aufsichtsratsmitglied erwarten kann. Ein Aufsichtsratsmitglied kann sich im Haftungsfall nicht darauf berufen, dass es aufgrund fehlender erforderlicher Qualifikationen nicht fähig war, Geschäftsvorgänge sachgerecht einzuschätzen.

Zur Autorin: Mag Patricia Backhausen, MSc ist Rechtsanwältin im Bereich Corporate M&A / Digital Industries bei DORDA

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