Alternativwein?

Das Gerede von den „alternativen Fakten" ist mit dem scheidenden US-Präsidenten hoffentlich auch bald wieder Geschichte. Beim Wein schmeckt „alternativ" jedenfalls ausgezeichnet.
Juliane Fischer

Juliane Fischer

Alternativ“ – das Wort bringt uns immer eine Wahlmöglichkeit, es tritt als Gegenmodell auf, es steht auf der anderen Seite von Herkömmlichem. Auch in der Musik unterstreicht es eine Abgrenzung zum Mainstream. Eigentlich ist „alternativ“ also durch und durch positiv. Es sei denn, der nicht scheiden wollende US-Präsident umschreibt damit offene Lügen. Aber seine in die Welt getwitterten „alternativen Fakten“ können wir hoffentlich bald in die politischen Zeitläufte einreihen.

Im heimischen Weinwettbewerb „Salon Österreich“ wurde nun zum zweiten Mal ein „Alternativwein“ ausgezeichnet, nämlich „Chardonnay Wild 2013“ von Martin Pasler. Der Winzer gibt an, dass diese Reben seit 2008 nicht mehr geschnitten wurden. Damit fällt sein Weingarten in der Joiser Lage „Lange Ohn“ sofort auf.
In den ersten Jahren lebten die Stöcke die neue Freiheit mit ungestümer Vitalität aus. Dann begannen sie von selbst ihr Wachstum zu zügeln. Die Beeren gerieten kleiner und ihr Geschmack entwickelte sich intensiver. Farbmäßig sind wir da im Bereich von leicht trübem Bernstein, der orangefarben schimmert. Der Wein duftet blumig, aber auch nach Pfirsich und getrockneten Mango-Chips, am Gaumen kommt noch Lakritz dazu. Kraftvoll und sehnig. Was ist denn eigentlich normal oder traditionell? Eine Frage des Standpunkts und der Perspektive? Oder des Zeitgeists? Wenn „modern“ alle technischen Stückerl spielt, dann heißt alternativ oft nichts anderes als ursprünglich und naturgemäß.

Sie kostet sich durch die Weinwelt, arbeitet als freie Journalistin und zum Ausgleich in ihrem Weingarten in Niederösterreich.
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