Ich habe Flugangst
Verstehe, Sie wollen also nicht in den Himmel? Wie vernünftig von Ihnen, nicht in einem hermetisch verschlossenen Aluminiumrohr sitzen zu wollen und zehn Kilometer über der Erde Ihr Schicksal in die Hände von irgendeinem Klaus oder Jürgen legen zu müssen, der das Ding durch die Luft steuert, nachdem ihm seine Frau vielleicht gerade gesagt hat, dass sie jetzt mit ihrem Tennislehrer zusammen ist, und jetzt kann er nur noch an Tennis denken. Und nicht an die Landebahn.
Es ist wahrlich eine kosmische Kastration, und Sie sind zum Glück noch bei Verstand. Die Menschen ohne Flugangst sind die Verrückten. Diese unbeschwerten Psychopathen, die während des Starts einfach einschlafen können, als wäre das alles normal. Das ist nicht normal. Alles daran ist absurd.
Die Sicherheitsdemonstrationen im Flugzeug sind wie Stand-up-Comedy für Menschen, die Humor hassen, und die Schwimmwesten der Gipfel des Optimismus. Als wäre der Absturz nicht das Ende, sondern lediglich ein nasser Zwischenfall auf dem Weg zum Urlaubsparadies.
Oder die Sauerstoffmasken, diese hängenden Schnuller, die uns suggerieren sollen, dass ein Stück Plastik uns vor dem Zorn der Physik bewahren könnte. Am meisten amüsieren mich jedoch diese winzigen Papiersackerln für Erbrochenes. Als wäre Speiben ein zartes, edles Hobby. „Oh, Sie übergeben sich? Hier ist ein Briefumschlag!“
Wissen Sie, was ich mich frage? Wenn die Blackbox im Falle eines Flugzeugabsturzes das Einzige ist, das unbeschädigt bleibt, warum machen sie dann nicht einfach das ganze Flugzeug aus Blackbox?
Penisneid mit Gott
Aber zurück zu Ihnen. Was macht Ihnen denn die meiste Angst? Turbulenzen? Wissen Sie, diese atmosphärischen Zuckungen sind eigentlich die Lachanfälle Gottes über unsere Hybris. "Ihr wollt fliegen? Hier, ein kleiner Luftstoß zur Erinnerung, wer wirklich die Kontrolle hat!" Vielleicht haben Sie gar keine Flugangst, sondern nur Penisneid in 10 km Höhe mit dem Unterschied, dass Sie sich an Gott messen und der Penis ein Airbus A320 ist.
Das Interessante ist auch, dass Sie bei jeder Turbulenz ein stilles Testament verfassen, aber bedenkenlos über die Autobahn rasen, während Sie mit einer Hand das Lenkrad halten und mit der anderen eine Zigarette rauchen, jenes Objekt, das statistisch gesehen viel eher Ihr Tod sein wird, lange bevor ein Flugzeugabsturz dazu Gelegenheit hatte. Sie haben also quasi panische Angst vor Ihrer Zimmerpflanze, während Sie entspannt mit einem Tiger kuscheln.
Am Ende des Tages, und bei Jetlag weiß man nie, wann der ist, liegt die Wahrscheinlichkeit eines Flugzeugabsturzes bei 1:11 Mio. Die, dass Ihre Ehe hält, liegt bei 1:2 und die Wahrscheinlichkeit, dass Sie in diesem Leben noch Ihre Träume verwirklichen, tendiert gegen null. Vor diesem Hintergrund erscheint die Flugangst als das, was sie ist: eine grandiose Ablenkung von den wahren Katastrophen des Lebens.
Mein erster Tipp: Saufen, aber nicht zu viel. Die ideale Dosis ist, wenn Sie den Sitznachbarn noch erkennen, aber seine Probleme nicht mehr verstehen können.
Air Embryo
Sie könnten sich auch jedes Mal vorstellen, Sie sind schon tot und fliegen nur noch als Geist. Als Geist kann Ihnen nichts passieren. Stellen Sie sich außerdem vor, das Flugzeug wäre ein großer Mutterleib und die Turbulenzen sind nur liebevolle Schaukelbewegungen. Reden Sie sich ein, dass nicht Sie Flugangst haben, sondern das Flugzeug Menschenangst hat. Mit jedem Ruckeln versucht es, diese seltsamen Parasiten loszuwerden, die sich in seinem Inneren eingenistet haben. Trösten Sie es! Streicheln Sie die Armlehne! Flüstern Sie beruhigende Worte ins Belüftungssystem.
Sie könnten in der Luft Ihre Flugangst auch durch eine andere ersetzen. Lesen Sie die Kronen Zeitung. Dann haben Sie keine Angst mehr vor dem Fliegen, sondern plötzlich nur noch vor Ausländern.
Und wenn das alles nichts hilft, dann trösten Sie sich mit dem Gedanken, dass der liebe Gott nur die Guten nimmt. So, das macht dann 200 Euro bitte. Ich akzeptiere nur Bargeld oder alternativ Flugmeilen.
Die Autorin: Aida Loos tourt ab Herbst wieder mit ihrem Soloprogramm „Zeitloos“ durch Österreich (z. B. 16. 10., Kulisse Wien).
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