Zähe Befreiung aus tränenreicher Ehe - gewürzt mit Ironie

Eine Frau mit Schleier und ein Mann mit Zylinder sitzen an einem Tisch mit Wein und Gläsern.
Brigitte Schwaigers Erfolgsroman „Wie kommt das Salz ins Meer“ erstmals in einer Bühnenfassung mit viel Musik aus der Entstehungszeit, den 70er Jahren.

Der Vater ein angesehener Arzt in der Kleinstadt. Sie nur die Tochter von. schon glücklich, wenn sie Ohrenschmerzen hatte, denn dann beschäftigte sich der bekannteste, beliebteste Mann der Stadt endlich auch einmal mit ihr. Nicht viel anders die Ehe – nie genügt sie den Ansprüchen von Rolf, den sie heiratet, weil er in Wien wo sie studiert, der einzige ist, der sie kennt.

Szenen einer bürgerlichen Ehe der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Nichts darf die – in Roman und Stück namenlos bleibende und damit auch stellvertretend für viele Frauen stehende – Protagonistin selbst entscheiden. Für alles wird sie getadelt, gedemütigt, runtergemacht. Nicht nur vom Ehemann, mit einem Geliebten erleidet sie praktisch dasselbe Schicksal.

Auf einer Bühne stehen zwei Schauspieler vor einer Projektion von Küstenfotos.

Szenenfoto - auf der Hochzeitsreise

Ringen um Befreiung

Erst als sie sich dazu durchkämpft, scheiden zu lassen, beginnt sie zu leben. Und zu lieben. Übrigens zunächst den Ex-Mann. Denn jetzt muss sie nicht mehr. Aber nur für einen kurzen Moment.

Soweit die Grundgeschichte von „Wie kommt das Salz ins Meer“ von Brigitte Schwaiger. Debut mit 28 Jahren und überraschender riesiger Erfolg (erstmals erschienen 1977), eine halbe Million Auflage, in mehrere Sprachen übersetzt. Dabei hatten Verlage das Manuskript zunächst ignoriert. Leicht und locker und trotz der Tristesse immer wieder mit Ironie versetzt und Humor gewürzt, fanden sich offenbar viele Frauen in der Grund- oder auch in vielen Einzelgeschichten wieder.

Eine Frau mit Mikrofon auf der Bühne, gekleidet in einem geblümten Kleid.

Szenenfoto

Stellvertretend für viele Frauen

Rund um den internationalen Frauentag spielt das Theater Forum Schwechat die erste Bühnenfassung (es gab nur eine höchst erfolgreiche Hörspielversion). In die Rolle der Hauptfigur, die nicht wenige autobiographische Züge der Autorin trägt, schlüpft die Theaterintendantin Manuela Seidl selbst.

Ein lächelnder Mann mit Brille spielt auf einem Keyboard.

Musikalischer Leiter und Live-Musiker Gabor Rivo

Lebensgefühl der 70er

Regisseur Marius Schiener, der die Autorin zu Lebzeiten kannte, weil er u.a. in Einaktern von ihr spielte, wollte, wie er dem Kinder-KURIER erzählte, „neben dem Text selbst auch ein bisschen vom Zeitgefühl der 70er Jahre transportieren“. Das erfolgt vor allem über viel ins Stück eingebaute Musik. Die wird live von Gabor Rivo gespielt – einerseits die schnulzenähnlichen Schlager auf einem Keyboard aus der damaligen Zeit, das er herangekarrt hat – um auch den entsprechenden Sound zu liefern. Die eher Chanson-artigen Lieder spielt der Musiker auf einem Piano.

Dazu hängen im Foyer des Theaters – wie immer – Illustrationen, in dem Fall Kopien von Plattencovern – die reichen von Peter Alexander, Udo Jürgens, Wencke Myhre und Alexandra bis zu Abba, den Beatles, aber auch Kraftwerk.

Für Ironie und Humor sorgt neben den unterschwellig aufmüpfigen Sagern der Protagonistin vor allem Johannes Kemetter in einigen der anderen Rollen außer der des Ehemannes. So agiert er als Liebhaber sehr karikaturenhaft und als dessen Ehefrau Hilde noch viel mehr.

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Zwei Schauspieler sitzen an einem Tisch während einer Theatervorstellung.

Seidl (Protagonistin) und Kemetter hier als Hilde, Ehefrau von Albert, mit dem die Hauptfigur eine Affäre hat

Hintergrund

Im zweiten Teil werden während eines Ehestreits Inserts eingeblendet, Beschlüsse der damaligen Regierungen Kreisky anzeigen, die große Schritte in Richtung Gleichberechtigung aber auch mehr Chancengerechtigkeit darstellten.

So durften erst mit der Familienrechtsreform Mitte des besagten Jahrzehnts Frauen überhaupt arbeiten ohne ihren Ehemann um Erlaubnis fragen zu müssen. Die bekannte Frauenrechtskämpferin Johanna Dohnal (kürzlich ist ein Kinofilm über sie erschienen) wurde erst am Ende des Dezenniums, 1979 die erste Staatssekretärin für Frauenfragen.

Sowohl Dohnal als auch Schwaiger starben übrigens vor zehn Jahren.

Eine Gruppe von Schauspielern posiert mit einem Hund auf einer Bühne.

Teamfoto aller Mitwirkenden auf, vor und hinter der Bühne

Zitate der Mitwirkenden zum Stück und zur Zeit

(aus dem Programmblatt des Theaters, in dem die Mitwirkenden auch über ihre musikalischen Vorlieben der 70er Jahre reden)

Die Show „zeigt das Frauenbild in den 70igern, auch speziell im familiären Bereich und dass die Emanzipation in den letzten Jahren mit Riesenschritten vorangegangen ist - dank vieler starker Frauen!“, findet Manuela Seidl, Darstellerin der Protagonistin des Stücks und künstlerische Leiterin des Theaters.

„Das Salzige an diesem Theaterstück soll uns noch lange nach dem Theaterbesuch auf unserer Haut brennen“, sagte der Live-Musiker Gabor Rivo im Programm-Heftchen.

Regisseur und Autor der Bühnenfassung, Marius Schiener über die Aktualität des Stücks: „Weil das Rollenbild in vielen Ehen heute leider genauso veraltet ist wie im Roman und er Mut macht zu Humor, zum Hinterfragen unserer Welt und zum Ausbrechen aus unbefriedigenden und unterdrückenden Verhältnissen.“

Der Roman und das Stück zeigen „eine Frau, die hinterfragt und Fragen stellt, die für andere unangenehm sind und die sich andere nicht stellen wollen. In diesem Sinne ist es zeitlos und auch übermorgen noch aktuell“, meint Johannes Kemetter, der sowohl Rolf, den Ehemann, aber auch Albert den Liebhaber, dessen Frau Hilde und noch weiter Rollen spielt. Die Show hält er für einen „schwungvollen, aufrüttelnden, komischen und nachdenklichen persönlichen Rückblick in die 70er Jahre“.

Eine Gruppe von Schauspielern posiert mit einem Hund auf einer Bühne.

Ein Mann mit Unterhemd und Krawatte und eine Frau knien auf einer Matratze mit einer karierten Decke.

Ein Mann mit kariertem Hemd spricht in ein Mikrofon auf einer Bühne.

Eine Frau mit Sonnenbrille, Hut und Mikrofon steht auf einer Bühne.

Zwei Schauspieler sitzen an einem Tisch während einer Theatervorstellung.

Ein Mann im Anzug hält einen Karton in den Händen.

Eine Frau mit Schleier und ein Mann mit Zylinder sitzen an einem Tisch mit Wein und Gläsern.

Auf einer Bühne stehen zwei Schauspieler vor einer Projektion von Küstenfotos.

Ein Mann mit Lockenwicklern und Blumenhemd trägt Lippenstift.

Eine Frau umarmt eine andere Frau, die einen besorgten Gesichtsausdruck hat.

Eine Frau sitzt auf einem Bett, während eine andere ihr einen Kuss auf die Wange gibt.

Ein Mann im Mantel hält eine Kiste mit Gemüse hoch.

Eine Frau mit Mikrofon auf der Bühne, gekleidet in einem geblümten Kleid.

Eine Frau mit einem Blumenkranz schaut besorgt nach oben.

Eine Frau in einem gelben Pullover und einem orangefarbenen Hut steht auf einer Bühne.

Eine Szene aus einem Theaterstück mit zwei Schauspielerinnen auf der Bühne.

Auf einer Bühne inszeniert eine Frau mit einem Gürtel um den Hals ihren Selbstmord, während ein Mann sie ermahnt.

Eine Frau mit blonden Haaren singt in ein Mikrofon.

Auf einer Bühne stehen eine Frau mit Schleier und ein Mann mit Zylinder einander gegenüber.

Ein Mann umarmt eine Frau im roten Licht.

Ein Mann mit einer alten Kamera spricht mit einer Frau.

Ein Mann singt mit einem Mikrofon in der Hand.

Eine Frau liegt auf einem Bett, während ein Mann daneben steht und gestikuliert.

Eine Frau mit Gummihandschuhen und Schürze steht auf einer Bühne vor einem Mikrofon.

Eine Frau in gelbem Oberteil und Rock schlägt die Hände über dem Kopf zusammen.

Eine Frau sitzt auf einem blauen Kissen vor einer Fotowand mit ausgeschnittenen Gesichtern.

Auf einer Bühne sitzen eine verzweifelte Frau und ein Mann, der seine Brille küsst.

Ein Mann und eine Frau stehen auf einer Bühne, möglicherweise während einer Theatervorstellung.

Eine Frau sitzt auf einem Tisch und spricht mit einem Mann in einem weißen Kittel.

Eine Frau in einem gelben Pullover und einem weißen Mantel gestikuliert.

Ein lächelnder Mann mit Brille spielt auf einem Keyboard.

Eine Frau liegt vor einer Fotowand mit Aussparungen, in denen ein Mann zu sehen ist.

Das Cover des Buches „Wie kommt das Salz ins Meer“ von Brigitte Schwaiger.

Cover der Neuauflage des Taschenbuchs

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