„Mein größtes Talent ist meine Einbildungskraft“

Laura Mitzkus und Peter Bocek serzählen szenisch Stationen des Lebens von Therese Zauser
Multimediales Tanztheaterstück will eine aus Feldkirch stammende internationale Tänzerin dem Vergessen entreißen.

Eine Frau, ein Mann. Oder eine männliche Frau, ein weiblicher Mann? Die zwei Figuren auf der Bühne sind – die meiste Zeit – ein und dieselbe Person, aber an verschiedenen Orten, vor allem aber zunehmend zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Sie erzählen Fragmente, eher Fetzen aus dem Leben der kaum, vor allem jedenfalls aber viel zu wenig bekannten Tänzerin Therese Zauser.

Geboren im Vorarlberger Feldkirch (1910), ermordet im Konzentrationslager Ravensbrück (11. Februar 1942). Dazwischen gefeierte, bewunderte Tänzerin in Sofia (Bulgarien), Izmir (Türkei), Nikosia (Zypern), Port Said und Alexandria (Ägypten), Damaskus (Syrien), Bagdad (Irak), Teheran (Iran), Malta, Oman, Algier (Algerien), Casablanca, Fez und Tanger (Marokko), später in Portugal, aber auch dann in Deutschland.

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Foto aus dem Nachlass der Künstlerin

Viel Recherche

Über eine kleine Notiz im Zusammenhang mit ihrem Bruder in einer Ausstellung im Vorarlberg Museum zum Feldkirch-Jubiläum stieß die engagierte Theatermacherin Brigitte Walk auf diese Persönlichkeit, die sie nicht mehr losließ. Bald landete sie bei den Ergebnissen der Forschungen von Sophia Bischof auf der Basis von dem Archiv der Stadt Feldkirch vermachten Dokumenten aus dem Nachlass der Familie.

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Foto aus dem Nachlass der Künstlerin

Starke Frau, offenes Mittelmeer  

Es ergibt sich das Bild einer weltgewandten, selbstbewussten, starken Frau. Sowie das eines weltoffenen, gemeinsamen Mittelmeerraumes, wenngleich die Clubs und Varietés, in denen Zauser auftritt, stark westlich-kolonialistisch geprägt waren.

Wenngleich sich die „schillernde Persönlichkeit“, eine fantasievolle Tänzerin und Sängerin („Danseuse et chanteuse fantaisiste“), die sich als solche Theres Judith Jansen oder Judit Jessie Zauser nennt, nie – zumindest den Unterlagen zufolge - politisch äußerte, kam sie durch die Auslöschung Österreichs 1938 im Ausland in Schwierigkeiten. Von nun an gilt sie als „Deutsche“, und das bringt ihr zumindest bürokratische Probleme ein. So heißt auch das Stück nach einer ihrer brieflichen Hilferufe: „Bin noch in Tanger (Marokko) und darf nicht reisen. Thérèse.“

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Foto aus dem Nachlass der Künstlerin

Assoziativ

Aus den Recherche-Ergebnissen über diese Frau, die einmal zitiert wird, „ich trinke nur aus halbvollen Gläsern, die halbleeren interessieren mich nicht“, hat Nadine Kegele einen Stück-Text erarbeitet. Der beginnt gegen Ende 1938, sie ist in Tanger, nächstes Ziel Portugal. Von hier aus spielen die beiden Stationen von Zausers Leben – in beide Richtungen – nach vor und zurück – zu erzählen – nicht ganz bis zum grausamen Ende auf der einen und bis ins Volksschulalter auf der anderen Seite. Und doch ist es keine Zwei-lineare Geschichte. Die einzelnen einander abwechselnden Szenen, die nicht selten wie in einer Art innerer Monolog miteinander ablaufen, erzählen trotz ihrer Knappheit immer wieder viel auch vom Lebensgefühl der Zeit und der jeweiligen Orte.

Die Regisseurin hat zudem Video-Künstler_innen in mehr als einem halben Dutzend der Wirkungsorte Zausers gebeten, filmische Eindrücke dieser Städte im heute zu produzieren, die während der jeweiligen Szenen projiziert werden.

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Das Schauspiel-Duo

„Bin noch in Tanger (Marokko) und darf nicht reisen. Thérèse.“

Inszenierung: Brigitte Walk
Text: Nadine Kegele
Schauspiel: Laura Mitzkus und Peter Bocek
Musik: Marcus Nigsch
Filmsequels: Sarah Mistura / agenturrosa

Film- / Videokünstlerinnen aus Kairo, Jerusalem, Istanbul, Izmir, Tunis, Nicosia/Famagusta, Beyrouth.

Ausstattung: Sandra Münchow
Expertise zu Therese Zauser: Mag. Sophia Bischof / Stefan Weber / Bruno Winkler
Technik: Matthias Zuggal

Technikassistenz: Suat Ünaldi

Produktionsleitung: Beate Buchsbaum
Regieassistenz: Philomena Juen

Wann & wo?

Uraufführungen: 5. Bis 10. Oktober 2019
Feldkirch (Vorarlberg), Montforthaus
Danach sind Aufführungen in Wien, Izmir, Jerusalem, Kairo, Alexandria und nach Möglichkeit weiteren Städten, an denen Therese Zauser gewirkt hat, geplant.

https://www.walktanztheater.com/

 

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