Hier könnt ihr alles werden und alles ausprobieren

Szenenfoto aus "Flötenzauber"
Flötenzauber: Inklusives Tanztheaterstück des Vereins „Ich bin O.K.“ mit mehr als 100 Mitwirkenden auf der Bühne des Akzent.

Mit „Flötenzauber“ ver- bzw. be-zauberten mehr als 100 Kinder, Jugendliche und Erwachsene aus den Tanzstudios des Vereins „Ich bin O.K.“ (inklusive Gruppe) das Publikum im Wiener Theater Akzent.  Natürlich knüpft der Titel nicht zufällig an Wolfgang Amadeus Mozarts „Zauberflöte“ an. Das Personal - von Tamino und Pamina über den Vogelhändler Papageno bis zur dunklen Königin der Nacht als Gegenspielerin vom strahlenden Sarastro - ist dieser berühmten Oper entnommen. Klarerweise auch ein Teil der Handlung.

Diese 1 ¾-stündige Aufführung ist allerdings weit mehr. Sie bettet die Handlung der „Zauberflöte“ ein in Proben an dieser. Die Hauptfiguren Paula und Tobias erarbeiten sich die Rollen von Pamina und Tamino - so stark, dass sie direkt in ihnen aufgehen.

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Szenenfoto aus "Flötenzauber"

Be-Hinderungen werden gemacht

Die Schwierigkeiten dabei liegen nicht in ihrer Darstellungskunst, sondern werden ihnen als Hindernisse von ihrem Umfeld in den Weg gelegt. Nur deswegen, weil sie Behinderungen haben. So will Tobias die Proben gar nicht verlassen. Hier fühlt er sich wohl, weil er als gleichwertig im Ensemble aufgenommen ist. Draußen, allein schon beim Einkaufen, drangsalieren ihn andere Kund_innen, weil er ein bisschen länger für seine Auswahl braucht. Diese Szene - nachgestellt - kommt als Video-Einspielung über die große Leinwand. Paula wiederum wird von ihrer „Betreuerin“ direkt von der Probe, in die sie sich richtig reinkniet, weggezerrt.

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Szenenfoto aus "Flötenzauber"

Harte Prüfungen

Solche Szenen, die an Alltagserfahrungen so mancher Menschen mit Behinderung andocken, werden direkt mit Handlungen in der Zauberflöte verbunden - den Prüfungen, die Tamino bestehen muss, um Pamina zu retten. Situationen wie die geschilderte beim Einkaufen gehen direkt über in den Kampf gegen Feuer. Neben Stille und Wasser sind Flammen eine der drei Prüfungen. An anderer Stelle fällt die Formulierung, den Kopf über Wasser halten.

„Hier könnt ihr alles werden und alles ausprobieren. Glaubt nur an euch selbst, dann könnt ihr nicht verlieren.... Lernt euch selbst zu vertrauen, dann seid ihr selbst der Held“, lautet ein Teil des Refrains von Sarastros Lied.

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Leidenschaft und nicht aufgeben

„Ich spüre da schon eine Art Unterdrückung weil Menschen mit Behinderung unterschätzt werden. Sie können so viel mehr, aber das sehen die Leute nicht. Zum Glück erziehen mich meine Eltern so, dass ich selbstständig bin und vieles alleine mache. Das ist auch für das Tanzen wichtig. In der Schule gab es oft Sprüche, dass ich das nicht kann, weil ich eine Behinderung habe. Aber man muss nur genügend Leidenschaft haben und nicht aufgeben, auch wenn man manchmal zweifelt“, wird Laura Scheifler, die Darstellerin der Paula und Pamina im ausführlichen Programmheft zu „Flötenzauber“ zitiert.

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Szenenfoto aus "Flötenzauber"

Über „Ich bin O.K.“

Der Kultur- und Bildungsverein „Ich bin O.K.“ wurde im Jahr 1979 gründet und hat es sich seitdem zur Aufgabe gemacht, Menschen mit und ohne Behinderung einen gleichberechtigten Stellenwert im kulturellen Leben zu ermöglichen, soziale Barrieren abzubauen und Sensibilität für eine inklusive Gesellschaft voranzutreiben. Das pädagogisch künstlerische Konzept mit dem im Tanzstudio gearbeitet wird, orientiert sich dabei speziell an den individuellen Lebensumständen, Fähigkeiten und persönlichen Interessen der Tänzer_innen. Davon profitieren diese Künstler_innen nicht nur auf der Bühne, sondern gewinnen auch für ihr alltägliches Leben wichtige Fertigkeiten.

Zur weiteren Förderung individueller Fähigkeiten im künstlerischen Bereich hat die künstlerische Leitung, bestehend aus Hana Zanin-Pauknerová und Attila Zanin, im Jahr 2010 zusätzlich die „Ich bin O.K.“ Dance Company gegründet. Tänzer_innen fortgeschrittenen Könnens, soll im Rahmen dieses Projektes die Chance gegeben werden, in Zusammenarbeit mit renommierten Künstler_innen ohne Behinderung an der Weiterentwicklung ihrer künstlerischen Fähigkeiten zu arbeiten. Durch ein intensives Training in kleinen Gruppen entstehen in der Dance Company tänzerisch anspruchsvolle Choreografien sowie abendfüllende Tanztheaterproduktionen.

https://www.ichbinok.at/

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