Herzhaftes Lachen über „Blutsauger“

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Die Tschauner Bühne (Wien) bietet Humorvolles über Vampire – für Kinder „Das kleine Vampir ABC“ und abends „Pflanz der Vampire“.

Vampire – sie sind als Kinderbücher ebenso beliebt wie als Horrorfilme. Die Tschauner-Bühne in Wien-Ottakring bietet diesen Sommer Humorvolles zu Blutsaugern sozusagen im Doppelpack: Speziell für Kinder nachmittags „Das kleine Vampir-ABC“ und für Familien abends „Pflanz der Vampire“.

Gernot Kranner ist als Vampirjäger Professor Abronsius im klassischen Musical „Tanz der Vampire“ im Wiener Ronacher schon gut 1000 Mal dem blutrünstigen Grafen Krolock auf die Schliche gekommen. Im „kleinen Vampir-ABC“ erzählt er – begleitet von Walter Lochmann am Klavier, warum man auf so manche Blutsauger Acht geben, sich aber vor Vampiren nicht fürchten muss.

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Markus Richter als Lutz Draculić und Lilly Kugler als Doris Arata

Aussaugendes Musical-Business

Im „Pflanz der Vampire“, in der Tschauner-Bühne „reloaded“, weil die Urfassung des Autorenduos Markus Ch. Oezelt & Helmut K. Vavra schon erstmals vor 20 Jahren im Wiener Metropol sowie 2001 und 2009 im Gablitzer 82er-Haus gespielt wurde, wird das Musical-Business witzig auf die Schaufel genommen. Die Grundgeschichte ist dieselbe: Es beginnt mit dem Vorsprechen und -singen, schon längst neudeutsch Casting genannt, für eine Version das Musical Tanz der Vampire. Wir treffen auf vier unterschiedliche Typen:
* Die junge, eben absolvierte Musical-Studentin Elisabeth Schikaneder, die allerdings nicht ganz schlüssig mehr als schüchtern ist
* Die von sich mehr als überzeugt sich gebende Diva Doris Arata, die jedoch darauf hinweist „unter“ diesem Regisseur schon „gearbeitet“ zu haben
* Der junge Uwe Dröger sowie
* ein schusseliger – „wir reichen uns jetzt alle lieb die Hände“ - Albert Koss.
* Und natürlich der echte Vampir, hier Lutz Draculić genannt, der sich in die Crew einschleicht um nach und nach alle zu beißen und für seine Art zu gewinnen.
* Dazu gesellen sich ein autoritärer, alkoholabhängiger Regisseur namens Christopher Kepplinger sowie
* der Produzent, dem das Geld schon ausgeht, dessen Darsteller auch den fast alles überstrahlenden auf Prolo spielenden Bühnentechniker gibt.

Musical-Mix

Druck von Seiten des Produzenten auf den ohnehin autoritären Regisseur, schusselig-dilettantische Darsteller_innen, Affären, „Seitenbisse“, Streits, Bisse usw. – die wirkliche Handlung steht hier nicht im Zentrum. Was (mehr) zählt sind zum einen witzige Seitenhiebe auf das gesamte Musical-Business – Eingeweihte mögen vielleicht die eine oder andere beabsichtigte Parallele zur Wirklichkeit erkennen – und das Spiel mit Songs und da vor allem bekannten Hits aus gut einem Dutzend verschiedener Musicals: Westside Story, Chorus Line, Rebecca, Die Schöne und das Biest, Phantom der Oper, Cats, Mama Mia, Evita, Elisabeth, Mozart, Grease, Jesus Christ Superstar und natürlich nicht zuletzt Tanz der Vampire. Fast als Ohrwurm erwies sich „Es tut so gut, fließt rotes Blut in fluten ... – mein Gott, jetzt hat sie’s“ als abwandlung von „es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen“ aus My Fair Lady.

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DDr. Schmölzer mit "seinem" Vampirgebiss

Zahnarzt der Vampire

Schauspielerisches Können wird für Vampir-Darsteller_innen natürlich mit der leichenblassen Schminke, vor allem aber den charakteristischen spitzen, langen Eckzähnen unterstrichen. Klassische, billige Faschings-Vampir-Zähne allerdings würden kaum bühnenreifen Sprech und schon gar keinen Gesang erlauben. Selbst in großen Bühnen mussten bisher meist im Vampir-Musical die SängerInnen ihre Bühnen-Zähne immer wieder mit Kunstgriffen rausnehmen. Beim Grusical „Pflanz der Vampire“ auf der Tschauner-Bühne ist alles ganz anders. Sogar Markus Richter, Regisseur und musikalischer Leiter, sowie Darsteller des Lutz Draculić, der von Anfang an den Vampir gibt, kann die gesamten mehr als zwei Stunden sein Bühnengebiss im Mund halten.

Verantwortlich dafür zeichnet der echte Zahnarzt Christoph Schmölzer, der seine Praxis schräg gegenüber der Bühne in der Maroltingergasse hat, „sozusagen erste Reihe fußfrei, seit 20 Jahren“, wie er dem KURIER gegenüber plausibel die Kontaktaufnahme der bissfreudigen Darsteller_innen mit ihm beschreibt. „Ich habe einfach wie bei anderen Provisorien für Prothesen oder Knirsch-Schienen Gebissabdrucke angefertigt“, greift in den Mund und zeigt sein eigenes Vampirgebiss. Für die Premiere des von vielen herzhaften Lachern des Grusicals mit Melodien aus gut einem Dutzend verschiedener Musicals gespickten Grusicals hatte er auch für sich ein solches angefertigt: Ein durchsichtiges über die eigene obere Zahnreihe gestecktes dünnes Kunststoffgebiss mit den beiden integrierten spitzen, langen Eckzähnen.

Damit war’s aber noch lange nicht getan. Die Bühnen-Crew probte mit ihren individuellen Vampirgebissen, nicht immer passte alles. „Vor allem fürs Singen hat das „Übergebiss“ vorne gestört. Es war eine echte Herausforderung für mich“, gesteht der Zahnarzt, der sich in diesem Fall auch als Zahntechniker betätigte und eigenhändig Anpassungen vornahm. „Die Leute müssen damit ja auch gut artikulieren und sogar singen können. Für die Singrollen habe ich die Prothese dann in zwei halben Teilen gebaut. Die eigenen Vorderzähne bleiben nun frei.“

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Ensemble von "Pflanz der Vampire"

Infos: Was? Wer? Wann? Wo?

Das kleine Vampir – ABC
Gernot Kranner ubnd Walter Lochmann
8. August 218, 16 Uhr

Tschauner Bühne, siehe unten

Pflanz der Vampire
kabarettistisches Musical in drei Akten

von Markus Ch. Oezelt & Helmut K. Vavra

Lutz Draculić, Vampir & Regie sowie musikalische Leitung: Markus Richter
Doris Arata, Sängerin, Schauspielerin, Tänzerin & Choreografie: Lilly Kugler
Uwe Dröger, Musicaldarsteller: Georg Hasenzagl
Albert Koss, Musicaldarsteller: Jürgen Kapaun
Elisabeth Schikaneder, Musicaldarstellerin: Melanie Wurzer
Christopher Kepplinger, Regisseur-Darsteller: Dennis Kozeluh
Stefan Ruppeck, Produzenten-Darsteller sowie
Franz, der Bühnentechniker-Darsteller: Thomas Schreiweis

Bühne: Petra Fibich
Kostüm: Barbara Langbein
Maske: Monika Krestan, Chantal Rieser
Regieassistenz, Inspizienz: Judith Holl
Produktionsassistenz: Franca Eder

Bis 30. August 2018
 

Tschauner Bühne
1160 Wien, Maroltingergasse 43
Telefon: (01)  914 54 14
http://www.tschauner.at

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