Vom Suchen und Finden der Liebe

Rote Herzen fliegen von einem Smartphone zu einem Laptop.
Online die große Liebe finden – oder doch lieber mit Hilfe einer Partneragentur? Manche versuchen es auch mit Apps wie Tinder. Entscheidend ist, welche Variante den eigenen Bedürfnissen am ehesten entspricht.

Langsam dreht sich die Litfaßsäule vor dem Wiener Volkstheater um die eigene Achse – gut sichtbar für alle Autofahrer. Auf die Ankündigung des aktuellen Theaterprogramms folgt das Bild einer Frau, über dem in roter Schrift steht: „Alle elf Minuten verliebt sich ein Single über Parship.“ Wer gerade an der roten Ampel wartet, hat vielleicht Zeit, sich zu fragen, wie sich das messen lässt. Martin Dobner, Country Manager von Parship Österreich und Schweiz, weiß es. „Wenn sich unsere Kunden abmelden, fragen wir sie, warum sie es tun. 40 Prozent informieren uns, dass sie jemanden kennengelernt haben. Wenn man das auf die Benutzerzahlen hochrechnet, ergibt das elf Minuten.“

Aber um das Verlieben gehe es eigentlich nicht, meint Dobner. Die Voraussetzung dafür, wofür Parship steht, ist es aber doch: hochwertige, langfristige Beziehungen. Die Frage für Interessenten ist nur, auf welchem Weg man dieses Ziel erreicht. Parship ist eine Möglichkeit, die elf Millionen Menschen weltweit nutzen, davon 500.000 Österreicher. Singles greifen aber auch auf eine der 1.500 anderen Onlinepartnersuchbörsen im deutschsprachigen Raum oder klassische Varianten wie Partnervermittlungsagenturen zurück. Dobner als Vertreter des Marktführers, sieht sie alle aber nicht als Konkurrenz. „Ich habe mir angewöhnt zu sagen, dass es für jedes Bedürfnis ein Angebot gibt.“

Relativ neu am Markt sind Dating-Apps wie Tinder oder Lovoo. Sie orten, wo man sich gerade befindet und schlagen einem per Foto Personen in der Nähe vor, die auch jemanden kennenlernen wollen. Wer gefällt, wird geliked, andere lehnt man ab. So ergibt sich innerhalb kürzester Zeit ein großer Kreis potenzieller neuer Bekanntschaften. Was genau wer sucht, ist nicht ganz klar. Schnelligkeit und Spaß scheinen aber wichtig zu sein.

Das bestätigt auch Lisa, 45, aus Niederösterreich, die Tinder und Lovoo seit kurzem nutzt. Mehrere Treffen hat sie schon hinter sich, die große Liebe war aber nicht dabei. „Es ist ein bisschen wie die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen“, sagt sie. „Tinder ist wie ein Fotoalbum mit vielen Menschen drinnen. Man ist überfordert und hat keine Ahnung, wo man anfangen soll.“

Ernsthafter geht es da bei Parship zu. Man braucht mehr Zeit, um potenzielle Partner einzugrenzen. Zum Beispiel, indem man zu Beginn 85 Fragen beantwortet. Dabei geht es nicht darum, herauszufinden, ob jemand kinderlieb oder warmherzig ist, sondern einen psychologischen Test auszufüllen. Geklärt werden soll, wie man in bestimmten Situationen reagiert. Daraus ergeben sich 28 Persönlichkeitsmerkmale, zum Beispiel der Wunsch nach Partnernähe. „Manche Menschen wollen viel Zeit mit dem Partner verbringen, andere brauchen mehr Freiraum“, erklärt Martin Dobner. Wobei seiner Meinung nach keines besser als das andere ist. „Für die Langfristigkeit einer Beziehung ist es aber von Vorteil, wenn die Parameter bei bestimmten Punkten übereinstimmen.“ Gleich und gleich gesellt sich gern. Das Onlineportal hat aber auch an jene gedacht, die glauben, dass Gegensätze sich anziehen. „Im Test geht es auch um das Treffen von Entscheidungen. Wir sorgen dafür, dass jemand, der gerne Entscheidungen fällt, Menschen kennenlernt, die sich damit schwerer tun“, so Dobner. Herauskommen müsste ein Paar, das sich perfekt ergänzt. Doch ist das wirklich so?

Mona, 49, und Willi, 52, müssten es wissen. Sie haben einander am 1. September 2010 über Parship kennengelernt. Ihre Übereinstimmung lag nach dem Psychotest mit 75 Prozent nicht im Spitzenfeld, zusammengefunden haben die beiden aber doch. „Andere Kandidaten hätten demnach besser zu mir gepasst“, erinnert sich Mona. „Aber nachdem wir telefoniert und uns einige Male getroffen hatten, war die Sache klar.“ Mona und Willi haben 2013 nach eingehender Prüfung geheiratet. „Wir wollten die rosarote Brille ablegen und haben zwei Jahre gewartet.“ Leichtfertig wollten beide nach bereits gescheiterten Beziehungen nicht mehr sein.

Als Mona sich bei Parship einschrieb, war sie 45 und alleinerziehende Mutter eines neunjährigen Sohnes. Auszugehen und neue Leute kennenzulernen war kaum möglich, die Onlinepartnersuche eine willkommene Chance. „Ich hatte mich auf eine längere Zeit mit einigen Rendezvous eingestellt. Dass ich so schnell fündig werde, hätte ich nicht gedacht.“ Sie lernte Willi nämlich schon nach zwei Wochen kennen. Er selbst war fast ein halbes Jahr dabei, ehe ihn seine spätere Herzdame kontaktierte. Zuerst schrieben, dann telefonierten sie. „Das Telefonat war für mich eine Sicherheitsschranke. Kennen tut man einander nach einer Stunde Telefonieren auch nicht, aber man erfährt viel.“ Heute wollen sie anderen Menschen mit ihrer Geschichte Mut machen. „Wir wollen ihnen zeigen, dass die Suche von Erfolg gekrönt sein kann.“

Partnervermittlungsagentur Erfolg ist auch das Stichwort von Eva Kienauer-Bechter. Seit 15 Jahren betreibt sie eine gleichnamige Partnervermittlungsagentur und hat der Konkurrenz aus dem Internet stets Paroli geboten. „Das Ganze ist eine Riesenindustrie geworden. Aber es gibt für alles einen Markt und für jede Zielgruppe das Richtige.“ Ihre Zielgruppe sind die Schönen und Reichen: Unternehmer, Manager, Ärzte, männlich wie weiblich, und Kinder wohlhabender, aristokratischer Familien oder Privatiers, wie Kienauer-Bechter erzählt. Ihre Stärke ist die Diskretion, ihr Alleinstellungsmerkmal ihre Vorgehensweise. Während Parship und Co den Kontakt zu einem schier unüberschaubaren Pool an potenziellen Partnern eröffnen, spielt Kienauer Amor und wählt den ihrer Meinung nach besten Partner für einen Klienten aus. „Wenn ich einen tollen Menschen für einen anderen gefunden habe, bringt es doch nichts, noch einen tollen auszuwählen. Man braucht nur einen Partner und nicht drei. Bei mir ist das eine Qualitäts- und keine Quantitätsgeschichte.“ Pragmatismus, der einleuchtet.

Wer von Kienauer-Bechter vermittelt werden will, muss eine Jahresgebühr von 10.000 Euro bezahlen. Erfolgsgarantie gibt es keine. „Ich kann nur ein Türöffner sein, verlieben muss man sich selbst.“ Das geht unter ihrer Schirmherrschaft nur, wenn man eine eingehende Prüfung übersteht. „Alles beginnt mit einem Erstgespräch. Dabei sind Selbstbild und Fremdbild ein Riesenthema. Wenn das übereinstimmt, können wir miteinander arbeiten.“ 70 Prozent scheiden hier aus. Es scheitert an so manch absurdem Wunsch. „Ich kann mir schon einen Brad Pitt wünschen, dazu muss man aber Angelina Jolie sein.“ Mit den verbliebenen 30 Prozent arbeitet Kienauer dann und begleitet ihre Klienten sogar zum ersten Date. „Das ist der Zeitpunkt, wo auch zum ersten Mal Namen fallen. Wenn ich merke, dass die Chemie stimmt, gehe ich nach einer halben Stunde. Am nächsten Tag bekomme ich dann Feedback. Erst kürzlich konnte Kienauer-Bechter wieder zwei Menschen zusammenbringen. Das Gefühl, dass beide zusammenpassen, hatte sie sofort. „Mittlerweile war das Paar schon gemeinsam auf Urlaub und hat mich gestern angerufen. Die beiden haben gesagt, dass es schon jetzt die beste Zeit ihres Lebens war.“

Herr Pott, Sie haben mit Ihrer Frau das Paarbuch „Liebes Erklärung“ geschrieben. Warum haben Sie einen so romantischen Titel gewählt?

Seit Jahrhunderten suchen Männer und Frauen nach einer Alternative zum Paarleben. Tatsache ist, es gibt keine. Wir sind als Liebende auf der Welt, das ist unser Wesen. Das Buch ist also eine Liebeserklärung an die Liebe, erklärt aber auch, wie Lieben funktionieren kann. Wir mochten den Doppelsinn.

Immer mehr Menschen leben aber als Singles. Ist das nicht ein Widerspruch?

Es gibt inzwischen mehr als eine Million Singles in Österreich, aber ich glaube, keiner von ihnen ist es gerne.

Das klingt nach einer radikalen Einstellung. Es gibt viele Singles, die sagen, sie wären glücklich mit ihrer Lebenssituation.

Der Wunsch Single zu sein, ist fast immer das Ergebnis großer Verletzungen. „Mingles“ (Menschen, die eine stabile Affäre, aber keine Beziehung haben) sind Menschen, die oft versucht haben, sich wieder zu verlieben. Das ist die Geschichte der Singles. Wenn man für die Liebe bereit ist, liebt man. Niemand sehnt sich danach, allein im Restaurant zu sitzen oder hat lieber die Katze im Bett als den geliebten Menschen – es ist nichts Schönes im Alleinsein. Singles wissen das in ehrlichen Momenten.

Empfehlen Sie demnach Parship und andere Partnersuchvarianten?

Wir empfehlen die Liebe, das ist nicht ganz dasselbe. Partnersuchbörsen sind einfache, unkomplizierte „Suchmaschinen“ und beispielsweise für beziehungsängstliche Menschen ein Segen. Aber sie sind keine „Findmaschinen“.

Was heißt das konkret?

Eine Online-Plattform schafft nur die Gelegenheit, die Liebe müssen Mann und Frau selber schaffen. Und dafür muss man etwas über die Liebe wissen, man muss Liebe verstehen.

Die Liebe als Lehrfach?

Ein bisschen. Bevor wir Auto fahren, besuchen wir ja auch die Fahrschule und wenn wir Karriere machen wollen, lernen wir. Wir strengen uns an. Warum sollte uns die Liebe einfach so gelingen? Ich bin mir fast sicher, dass es in 20, 30 Jahren Schulfächer wie „Beziehungslehre“ oder „Partnerschaft und Entwicklung“ geben wird.

Was kann man lernen, wenn man Ihr Buch liest?

Als Erstes wahrscheinlich Mut zur Liebe – wir sollten uns alle die Sehnsucht nach einem Mann oder einer Frau an unserer Seite zugestehen, sie kommen sonst nicht. Das Buch zeigt aber vor allem, wie die Liebe bleibt. Es erklärt, was Verliebtsein wirklich bedeutet, wie Männer und Frauen lieben, wie Beziehungen in Krisen fast immer nur Beziehungen in Verwandlung sind.

Und dann gelingt die Liebe?

Ich will ehrlich sein: Viele Paare wollen nur Zufriedenheit, sie halten die Abwesenheit von Unglück für Glück. „Liebeserklärung“ ist ein Buch für alle, die mehr wollen.

www.schattenarbeit.at

Frau Kienauer- Bechter, eine einjährige Rundumbetreuung bei Ihnen kostet 10.000 €. Bekomme ich dafür die Garantie für die große Liebe?

Ich sehe mich als Türöffner, verlieben muss sich schon jeder selbst. Meine Klienten sind Familienunternehmer, Anwälte, Aristokraten, aber auch Prominente. Diese Menschen sind deshalb so erfolgreich, weil sie wissen, was sie wollen: diesen einen Menschen kennenlernen. Sie überlassen nichts dem Zufall. Die Partnerwahl ist auch eine der wichtigsten Entscheidungen im Leben.

Liebe ist aber nicht planbar.

Es ist wunderbar, wenn einem der Partner fürs Leben über den Weg läuft. Wenn es nicht klappt, muss man nachhelfen.

Wie gehen Sie das an?

Es gibt ein Erstgespräch, wo ich eruiere, ob Selbst- und Fremdbild übereinstimmen. Da scheiden schon einmal 70 Prozent aus. Mit den restlichen 30 Prozent arbeite ich dann.

Warum so streng?

Man kann sich schon einen Brad Pitt wünschen – wenn man Angelina Jolie ist. Manchmal gibt es einfach absurde Wünsche. Die Menschen sehen etwas im Spiegel, was sie nicht sind. So jemand wäre schwer vermittelbar.

Wie geht es weiter?

Nach dem Erstgespräch folgt ein dreistündiges Gespräch, anhand dessen ich ein Persönlichkeitsprofil erstelle. Dann finde ich heraus, wer aus meinem Pool am besten zu wem passt. Dass es von einer Seite her passt, ist leicht. Die Herausforderung ist, für beide die größtmögliche Übereinstimmung zu finden.

Wie groß ist Ihr Pool?

Das hätten schon viele gerne gewusst. Schauen Sie, ich betreue alle Klienten persön- lich und gehe auch zum ersten Treffen mit. Tausende im Pool zu haben, wäre also unmöglich, von ein paar Dutzend könnte ich nicht leben.

Wichtig ist es, einen tollen Menschen für einen anderen zu finden. Man braucht nur einen Partner, nicht drei. Bei mir ist das eine Qualitäts-, keine Quantitätsgeschichte.

Und wenn mir der Eine nicht gefällt?

Wenn Sie sagen, den möchte ich gerne als Freund fürs Leben, aber ich habe mich nicht verliebt, dann müssen wir zurück an den Start.

www.kienauer-bechter.com

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