Buntstifte nicht enthalten

„Malen ohne Zahlen“ verspricht ein Malbuch für Männer mit dem Titel „Mal meine Möpse aus“. Als Frau kann man sich darüber aufregen, gelassen bleiben oder es im Papiermist verschwinden lassen. Spannender ist allerdings, was große Buben dazu sagen, wenn ihnen das Ausmalen von Frauenbrüsten ans Herz gelegt wird.

Journalisten bekommen von Verlagen Bücher zugeschickt, in der Hoffnung, dass diese rezensiert werden. Folglich bin ich im Laufe meiner 12 Jahre als Sexkolumnistin zu einer umfassenden Sammlung erotischer Werke gekommen. Und so passiert’s, dass jeder Mensch, der mein Büro betritt, vor einer großen Bücherwand mit Titeln wie „Lustbekenntnisse“, „Die nackte Eva“, „Das Penis-Buch“, „Sex für Dummies“ oder „Extrem!3“ steht. Ich brauche nicht zu sagen, dass dies manchmal zu Aufmerksamkeitsstörungen führt und das eine oder andere Gespräch sanft ins Unanständige abgeglitten ist. Mitunter bin ich dadurch in Erklärungsnotstand geraten. Erst unlängst, als ich einer Besucherin erzählte, dass „Shades of Grey“ nicht dazu diene, um meine Arbeitspausen aufzupeppen, sondern – ehschonwissen: „Ich brauch’ das beruflich!“Wobei mir gerade einfällt, dass es keine üble Idee wäre, die heftigsten Titel hinter Werke wie „Geflügelte Wörter“ oder „Pschyrembel“ zu reihen.

Vor Kurzem wurde meine Sammlung um ein weiteres Oeuvre ergänzt, das ich spontan in die Kategorie „fragwürdig“ einreihte (da ist es immer noch). So war das: Als ich nach meinem Weihnachtsurlaub die Post öffnete, lag ein Malbuch in meiner Hand. Gedacht für – har, har – große Buben, siehe Titel: „Mal meine Möpse aus!“ (Verlag Riva). Der Text zum Buch: „Malen ohne Zahlen. Endlich gibt es ein Malbuch für den kulturinteressierten Herren, der sich nicht nur für abstrakte oder kubistische Kunst interessiert und auch in seiner Freizeit gerne mal den Stift in die Hand nehmen möchte. Verführerische Schönheiten wie das Showgirl, die heiße Bibliothekarin oder die Cheerleaderin lassen keine Wünsche offen und versprechen stundenlangen Ausmalspaß. Buntstifte sind nicht enthalten.“

Ich war mir im ersten Moment nicht sicher, was ich tun sollte: Einen Aufschrei gegen grenzdebilen Sexismus formulieren oder es abgeklärt zur Seite legen. Ich entschied gar nichts von dem, stattdessen zog ich mit dem Mops-Buch durch die Redaktion, um Reaktionen einzufangen.

Interesse und Empörung waren enden wollend, vor allem die Herren zeigten sich seltsam desinteressiert. Wir legten das Werk kollektiv unter der Rubrik „Gags. Gags. Gags“ ab. Die Amazon-Kundenrezensionen (wobei oft fraglich ist, wer die wirklich schreibt) fielen durchwegs positiv aus: „Geschenk für Kumpel“, „Gutes Material, witziges Geschenk“ oder „Das lustigste Geschenk, das man einem Mann machen kann.“ Das führte zu Phase 2 meiner „Mopsbuch-Studie“: Ich nahm es nach Hause mit, wo ich es erst einmal versteckte, weil ich mich vor den Fragen meiner Tochter fürchtete („Mama, was soll das denn jetzt bitte?“). Spätabends stand ich vor meinem Mann, einem bekennenden Freund der Oberweiten. Er nahm das Buch zur Hand, blätterte es durch und meinte daraufhin nur stirnrunzelnd: „Wer wirklich auf Brüste steht, kann das weder geil noch lustig finden. Und Satire? Satire sieht anders aus.“ Das wiederum fand ich sehr, sehr beruhigend. Weitere Titel, die Amazon beim Kauf des Mops-Malbuchs empfiehlt, weniger: „Wer hat hier gefurzt? – Malbuch für Erwachsene“ oder „Onanieren für Profis. Der Ratgeber für Männer, von dem die Welt spricht.“

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