Besser vögeln

Eine gespreizte Vagina auf Deutschlands Bildschirmen, Pärchen, die sich für die Kamera ausziehen, um ihre Sexualität neu zu entdecken: Die Dokusoap „Make Love“ im ZDF sorgte Ende Juli in den Medien des Landes für Aufsehen und saftige Schlagzeilen. Ein paar Gedanken zu erwünschten Nebenwirkungen.

Die allgemeine mediale Erregungslage war den Temperaturen entsprechend hoch, als das ZDF Ende vergangenen Monats die „schärfste Sex-Doku des Jahres“ (Copyright: Bild-Zeitung) in die Quotenschlacht warf.
Aufg’legt, würde man hierzulande sagen – also kam, was kommen musste: Die Tastaturen in den Redaktionen glühten schon vor Ausstrahlung von „Make Love“ auf subtropischem Niveau vor. Etwa beim Magazin Focus, das titelte: „Neues von der Bettkante“. Oder bei „Bild“, die gewohnt aufgeregt tat: „Popo-Sex-Unterricht im ZDF!“. Hübsch auch die Bildunterschrift zum nackten Doku-Paar auf Welt-Online: „So schonungslos aufklärerisch wie die Sendung mit der Maus: Sexologin Ann-Marlene Henning mit sachte rammelndem Modell-Pärchen.“
Der vielleicht netteste Satz in diesem medialen Sommerloch-Vorspiel kam jedoch vom Tagesspiegel: „Mit dem Zweiten vögelt man besser“. Zumal mit diesem Sager der Sinn und Zweck des Formats exakt umrissen werden konnte: Es geht darin nämlich um eine Art sexuelle Aufklärung für Erwachsene – praktisch untermalt von Paaren, die öffentlich-rechtlich herumfummeln durften. Übrigens ist das Ding nicht ganz so neu, wie man vermuten würde. Es lief schon mal im SWR und MDR und hatte so gute Quoten, dass das ZDF damit in die heurige Julihitze ging. Naturgemäß wurden damit, also mit Themen wie Prostatamassage und weibliches Ejakulat, die „ Tagesthemen“ – geschlagen. Mengenmäßig besonders ambitioniert schauten – ebenfalls naturgemäß – die Zuschauer im Alter von 14 bis 49 Jahren zu.
Offen bleibt dennoch die Frage, wer da vor dem Fernseher saß – und vor allem: weshalb? Aus reinen „Guck-mal-Hans-Uwe“- und „Huch“-Motiven, oder um tatsächlich etwas davon ins eigene Sexualleben zu transponieren? Schön wäre, ganz klar, Zweiteres. Denn auch wenn die Dokusoap „Make Love“ bei manchen Kritikern nicht so gut wegkam („In seinem politisch korrekten Bestreben, einen Beitrag zur Enttabuisierung zu leisten, ist das am Ende dann aber doch wieder so lockerspießig wie der Love & Sex-Part der Cosmopolitan, so schonungslos aufklärerisch wie die Sendung mit der Maus, so geil wie ein Gänseblümchen“, schrieb etwa Welt Online), ist alles, was Menschen dazu verführt, mehr über ihren Körper, ihre Sehnsüchte, ihr sexuelles Selbst zu wissen, zu begrüßen. Ein gutes Beispiel: der von Bild so bildhaft zitierte „Popo-Sex“. Was nach sanfter Umschreibung von hartem Analverkehr klang, betraf in dem Fall nix anderes, als die Massage der Prostata. Die geistert in vielen Köpfen vor allem als Problemorgan und weniger als Lustspender herum. Falsch. Rund um die Prostata gibt es viele Nervenfasern, sie sind mit Erektion, Ejakulation und männlichem Orgasmus verknüpft. Wird sie massiert, so kann das orgasmusähnliche Empfindungen auslösen. Frauen, die ihrem Partner beim Sex Gutes tun wollen, stimulieren die Prostata indirekt und direkt (via Anus). Diese „Prostatamassage“ gilt allerdings nach wie vor als Tabu. Befragt man Männer zu ihren sexuellen Sehnsüchten, firmiert diese Praktik als „geheime Sehnsucht“ weit oben. Bleibt am Ende ein Zitat: „Der Körper ist kostbar, und unsere Lust ist es auch!“ (Ariadne v. Schirach).

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