Barbielook mit E-Mail-Bonus
Irgendwann kommt es, dieses demonstrativ lockere Achselzucken, wenn es um das Thema „Vaginalverjüngung“ geht. Sollen sie doch, denkt man sich, und streift den etwas befremdenden Gedanken an das Geschnipsle rasch wieder ab. Wo es doch so viele wirklich wichtige Dinge gibt. Und dann sitzt man mit frischem Farbgatsch im Haar beim Frisör seines Vertrauens, blättert in der VOGUE, bleibt an einem Interview mit dem Titel „Ganz intim“ hängen und wundert sich. Sehr sogar. Die Frage im „Vorspann“ heißt: „Trend oder Therapie? Vaginale Verjüngungen und Schamlippenkorrekturen“. In dem Interview kommt ein Herr Doktor namens Red Alinsod zu Wort. Amerikaner, klar – und Gynäkologe, der vor allem mit Muschi-Behübschen gutes Geld verdient. So betrachtet gilt er durchaus als einer der Väter in Sachen „Genital optimal“. Es heißt, er wäre es gewesen, der den Begriff des „mädchenhaften Barbie-Looks“ geprägt hätte. Wer nicht weiß, was das heißt – bitte gerne: Der „mädchenhafte Barbielook“ da unten ist nichts anderes als die operative Auffrischung einer in die Jahre gekommenen Scheide in Richtung Girlie. Möglichst eng, möglichst unverbraucht (von der Optik her, natürlich) und möglichst schweinchenfarben. Ich will ja niemandem etwas unterstellen, aber vermutlich wabert ein wirrer Traum in den Köpfen der Vaginalverjüngungs-Jünger herum: Eine Mumu wie aus Marzipan geformt, im Schritt einer Frau, die vor dem (perfekten) Blow-Job dem Mann das Kondom mit den Zähnen überzieht, multiple Orgasmen garantiert und anschließend wenig spricht. Aber jetzt die Fakten: Die operative Vagina- bzw. Schamlippenkorrektur zählt im Beauty-Business zu den am schnellsten wachsenden Eingriffen. Nicht nur in den USA, auch in Europa. Alleine in Deutschland werden pro Jahr mehr als 7.000 Eingriffe dieser Art durchgeführt. Das Bild der Frau? Wurde von einem Münchner Schönheitschirurgen im „Journal für Ästhetische Chirurgie“ gezeichnet: „Die typische Patientin in unserer Praxis, die sich für die Verkleinerung der inneren Schamlippen interessiert, ist Mitte zwanzig, kinderlos und im Intimbereich vollständig enthaart.“ So weit, so schön, ich weiche ab. Das, was mich an dem Interview am meisten – sagen wir einmal dezent – „berührt“ hat, ging so: „Die Patientin ist während des zweieinhalbstündigen Eingriffs* vollkommen bei Bewusstsein, sie kann dabei fernsehen oder ihre E-Mails lesen, wenn sie das möchte. Mit Hilfe eines Spiegels kann sie den Eingriff sogar beobachten.“ Was für eine Vorstellung: Während die Dame mit gespreizten Beinen im OP-Saal liegt und sich Onkel Doktor an ihrer Mumu verewigt, liest Madame die Nachrichten ihrer Freundinnen und was Mytheresa.com gerade an Fetzen im Angebot hat. Dazwischen der Blick in den Spiegel und eine Patientinnenverfügung: „Geht’s nicht noch ein bissl barbiemäßiger? Ist das jetzt wirklich eng genug?“ Sie merken, ich tu mir schwer mit diesem Szenario. Um ehrlich zu sein: sehr schwer sogar. Und dass ich gerade jetzt an den Film „Free Willy“ denken muss, wundert mich auch nicht mehr sehr. Genau: Free Milly, das wär’s jetzt irgendwie. (*Anm. der Autorin: Hier wird gleich, ratzfatz, alles erledigt: Scheidenstraffung, frische Farbe, gekürzte Schamlippen, etc.)
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