Rückblick: Innenpolitik 2013

Demonstrationsschilder mit der Aufschrift „Ein Sparpaket ist keine Bildungsreform!“ stehen an einer Mauer.
Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger geben sich für weitere fünf Jahre das Jawort. Bei frostigen Temperaturen auf dem Wiener Ballhausplatz kann ein Schnapserl nicht schaden. Der Stimmung hilft es und lässt für einen Moment vergessen, dass jenseits der Sicherheitsabsperrung die Studenten protestieren.

Die Unis tragen schwarze Fahnen. Vorder Hofburg fordern Demonstranten „Heinzi, tuas ned!“. Am Ballhausplatz machen Zehntausende Beamte und Lehrer ihrem Unmut Luft. Szenen eines Regierungsneustarts, als habe es einen brutalen Machtwechsel gegeben. Dabei erwartet uns nur „more of the same“: Rot-Schwarz, nur eine Nummer kleiner gewaschen.Oder doch nicht? Wenn die Regierung wahrmacht, was sie sagt, wird vieles anders: Schluss mit der Politik by Bescherung. Zu verteilen gibt es zwar weiter viele Millionen – aber auf der Soll-Seite. Dann waren die rauen Protesttöne nur die Ouvertüre – auf einem Weg, der in Europa bald überall Alltag ist. Freilich kein Grund, den Trauerflor für 2014 zu hissen. Denn die Lage ist hierzulande noch immer weitaus besser als die Stimmung. Wenn die Spitzen der Republik dann auch nochmit jenem „Spritzer Fröhlichkeit“ ans Werk gehen, den Michael Häupl jüngst einmahnte, müsste uns ganz Europa bald auch noch um die bessere Stimmung beneiden...

- Josef Votzi

Am 29. September können SPÖ und ÖVP mit gemeinsamen 50,8 Prozent knapp ihre Mehrheit retten. Der Ankündigung, nun mit „neuem Stil“ zu regieren und „große Reformen“ anzupacken, folgen ein Streit über ein Budgetloch und ein Koalitionspakt, der wegen Dürftigkeit auf massive Kritik stößt. Die Bestellung fachlich versierter Minister für Justiz und Umwelt wird vom Protest gegen die Abschaffung des Wissenschaftsministeriums überschattet.

An 60.000 Türen klopfen Matthias Strolz und seine Mitstreiter im Wahlkampf: Sie bitten um eine Stimme bei der Nationalratswahl. Anfangs belächelt, sorgt das Wahlbündnis mit dem Liberalen Forum – samt Millionenspenden von Hans-Peter Haselsteiner – für den entscheidenden Schub: Mit 4,96 Prozent sind die Neos die Überraschung des Wahlabends. Sie ziehen mit neun Abgeordneten ins Parlament ein. Das schaffte zuvor noch keine Partei aus dem Stand. Vor allem Grüne- und ÖVP-Wähler schenkten den Neulingen ihr Vertrauen. „Ein Jahrhundertprojekt ist gelungen“, sagt Strolz stolz am Wahlabend. Aus der angestrebten Regierungsbeteiligung wird aber nichts. Dennoch will Strolz im Parlament für einen neuen Stil sorgen: Jeder seiner Reden im Plenum will er künftig ein Wort der Wertschätzung voranstellen. Mit viel Gegenliebe der anderen Parteien dürfen die Neos dennoch nicht rechnen: Schon 2014 wollen sie wieder überraschen – und bei der EU-Wahl punkten.

Regierung ignoriert Gewerkschafts-Nein beim Dienstrecht

Lehrerarbeitszeit. Nach langen, erfolglosen Verhandlungen zwischen Regierung und Lehrergewerkschaft wird im Dezember ein neues Lehrerdienstrecht beschlossen. Die Lehrer antworten mit Kampfmaßnahmen. Für Wirbel sorgten auch die Gehaltsverhandlungen für die 250.000 Bundes- und Landesbeamten.

Kärnten nach 24 Jahren wieder rot, Salzburg schwarz

Landtagswahlen. In vier Bundesländern wird 2013 gewählt. Der Finanzskandal beschert der Salzburger SPÖ eine herbe Wahlniederlage (–15,5%). Landeshauptfrau Gabi Burgstaller tritt zurück. Wilfried Haslauer ( ÖVP) wird neuer Landeschef. In Kärnten gibt es nach dem Absturz der Blauen (–28 %) mit Peter Kaiser nach 24 Jahren wieder einen SPÖ-Landes- hauptmann. In Niederösterreich verteidigt Erwin Pröll souverän die absolute Mehrheit. In Tirol ist nach dem Urnengang weiterhin Günther Platter (ÖVP) Landeschef.

Korruption: Prozess gegen Strasser wird wiederholt

Höchstgericht. Anfang des Jahres fasst Ernst Strasser eine vierjährige Haftstrafe für Amtsmissbrauch aus (Lobbying- Affäre). Der Ex-Minister beruft und der Oberste Gerichtshof hebt das Urteil im Herbst – durchausüberraschend – auf. Die Konsequenz: 2014 wird das Verfahren wiederholt.

Volksbefragung: Wehrpflicht wird in Stein gemeißelt

Armee. Gleich am 20. Jänner erlebt Österreich eine Premiere: Bei der ersten bundesweiten Volksbefragung votieren fast zwei Drittel (59,7 %) der Wahlberechtigten für die Beibehaltung der Wehrpflicht. Die Abstimmung ist der erste „Wahlsieg“ derÖVP im neuen Jahr. Im Unterschied zur SPÖ, die für das Berufsheer mobilisiert hat, plädierte die ÖVP für die Wehrpflicht. Rechtlich ist das Ergebnis nicht von Belang. Die Regierung hat das Ergebnis aber vorab für politisch bindend erklärt – womit das Thema Wehrpflicht für die nächsten Jahre vom Tisch ist.

Kommentare