Amalfi im Kopf und zwischen zwei Buchdeckeln

Amalfi im Kopf und zwischen zwei Buchdeckeln
Egal, ob man die Region um Neapel virtuell besucht oder in echt: Der neue Reiseführer des Historikers und Musikers John Morrissey bildet.

Globalisierung gab es immer. Alle Kulturen bekannter Erdteile waren schon immer eng verwoben über den Handel, vor allem über den Handel mit raren Grundstoffen und Luxusgütern. Nichts anderes beförderte den Aufstieg Amalfis als erste „italienische“ Seerepublik, die via Seekontakte mit Byzanz, Sizilien, Nordafrika und dem westlichen Mittelmeer ab der Ära der Langobarden für mehr als 200 Jahre als unabhängiges Territorium erhebliche Bedeutung erlangte. Das zeigt der exzellente historische Führer „Amalfi - Moderne im Mittelalter“ des Historikers, Anglisten und Musikers John Morrissey (Mandelbaum Verlag), der vor kurzem erschienen ist.

Bereits 596 wurde aus dem Castrum aus byzantinischer Gründung durch Installierung eines Bischofs eine größere Gemeinde (Civitas). 839 wurde die Stadt von Byzanz und Neapel unabhängig. Gute Wasserversorgung sowie genügend Wasserkraft für Mühlen und Eisen-verarbeitende Unternehmen und eine blühende Landwirtschaft schufen ein Mikroklima, in dem Amalfi rund zwei Jahrhunderte zu den damals modernsten Gesellschafts- und Wirtschaftsräumen gehörte. Wegen seiner geschützten Lage zum Land hin mussten nicht einmal größere Befestigungslagen gebaut werden. Für Morrissey sind - zumindest in der frühen Zeit - die Ähnlichkeiten mit Venedig frappant.

Viele Einflüsse

Über allem steht die Verwobenheit Amalfis mit der Geschichte der Mittelmeerregion im frühen Mittelalter samt Langobarden, Byzantiner, Muslime (das arabische Sizilien) und den nachfolgenden Normannen und Franken. Der Aufstieg Norditaliens (Venedig, Pisa, Genua etc.) mit größeren Wirtschaftsräumen und zum Beispiel schiffbaren Flüssen im Hinterland, sowie weiter reichenden Handelsbeziehungen stellte schließlich Erfolg und Unabhängigkeit der Stadt und der umgebenden Küstenregion immer mehr infrage.

Der schmale Band mit umfangreichen Literaturverzeichnis bietet großes Detailwissen und lässt schnell daran denken, mit diesen Kenntnissen die Costiera Amalfitana neu zu entdecken - lokale Geschichte einer Epoche, die - zumindest in Süditalien - bei weitem nicht „finster“, sondern „globalisiert“ und innovativ war.
 

Amalfi im Kopf und zwischen zwei Buchdeckeln

John Morrissey: Amalfi - Moderne im Mittelalter

Mandelbaum Verlag

ISBN: 978385476-860-9; 272 Seiten

Preis: 22 Euro

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