Hoppla, Weihnachten

Ein Weihnachtsmann wirft einen Weihnachtsbaum in einen Fluss.
Es ist der Tag, auf den alle warten, für den so viel vorbereitet wird, und an dem alles unbedingt klappen soll. Ein schönes, friedvolles und harmonisches Fest soll es werden. Doch erstens kommt es oft anders, und zweitens als man denkt.

Das degradierte Christkind. So lange hatte ich es mir gewünscht, und nun wurde es wahr: Beim Weihnachtsspiel durfte ich das Christkind sein. In einem langen, weißen Kleid, mit Engelshaar und einem goldenen Haarreif. Es war ohnehin eine eher stille Rolle das Christkind hatte nicht viel zu sagen. Aber es hatte eine wichtige Orientierungsfunktion für die Mitspieler und sollte die Richtung vorgeben. Immer rechts von Ochs und Esel, vorbei an der Krippe, musste es die Prozession der Hirten über die Bühne führen. Komische Inszenierung, war aber so. Und wenn das Christkind an vorderster Front die falsche Richtung einschlug, ging sich die ganz Choreografie nicht aus und die Hirten taumelten ins Chaos.

Die tolle Rolle war eine Herausforderung für eine Sechsjährige, die rechts und links nicht unterscheiden konnte. Die Lehrerin flüsterte, deutete, fuchtelte. War bald weniger geduldig, band dem Christkind ein Mascherl um die rechte Hand. „Da wo das Mascherl ist, ist rechts, bitte merk dir das.“ Vergeblich. Ich irrte mich, die Hirten stolperten über die Bühne. Bis der Lehrerin die Geduld riss.

Das Christkind musste das weiße Kleid ausziehen und wurde zum Hirten degradiert. Nur das Rechte-Hand-Mascherl durfte ich behalten. Und die unsägliche Gerlinde wurde zum Christkind erhoben. Ausgerechnet sie, die sich beim gemeinsamen Klogang immer in der Bubenreihe anstellte, weil sie’s nicht besser wusste. Aber links und rechts, das konnte sie unterscheiden. Ich hoffe für sie, dass sie den Unterschied zwischen Buben und Mädchen heute schon kennt. Das mit links und rechts klappt bei mir nämlich immer noch nicht.

- von Eva Gogala

Hauptdarsteller: Eine gefrorene Gans, ein Schäferhund und eine gute Gelegenheit. Auftritt Gans. Sie wird von meiner Mutter zum Zwecke des Auftauens aus der Gefriertruhe geholt, einem Behältnis zugeführt und auf die Arbeitsplatte in der Küche gestellt.Auftritt Schäferhund Ajax. Ajax kommt, sieht und schnüffelt.Telefon: Klingelt. Mutter: Ab. Mutter kehrt 30 Sekunden später zurück. Gans ist verschwunden. Hund Ajax ebenfalls. Hund Ajax stritt bis zu seinem Tod drei Jahre später jede Verwicklung in den Kriminalfall ab, machte sich aber in den Tagen nach dem Verschwinden der Gans durch heftige Blähungen überaus verdächtig. Gegen Ostern aperten dann Teile der Gans im Garten aus, wo der Täter sie als Vorrat für schlechte Zeiten unter dem Schnee verscharrt hatte.Der Fall wurde nie restlos aufgeklärt. Aber es gibt nur zwei Möglichkeiten. Entweder, der Vogel erwachte im Abtaubehälter wieder zum Leben, flog aus der Küche in die Freiheit, verlor dabei aber Teile seines Körpers, die in den Schnee des Gartens fielen. Oder Hund Ajax hat es tatsächlich geschafft, in wenigen Sekunden eine halbe gefrorene Gans zu fressen und die andere Hälfte zu verbuddeln. Wie auch immer es abgelaufen ist: Dem jeweiligen Hauptdarsteller gebührt Respekt.

- von Guido Tartarotti

Es war ruhig in der Wohnung an diesem Morgen des 25. Dezember. Der Tag nach der großen Bescherung und vor dem Winterspaziergang. Einmal ausschlafen. Doch irgendwie war es zu ruhig. Verdächtig ruhig. Mein Mann und ich lagen noch im Bett. Kein Lärm, kein Herumtollen der beiden Jungs mit den neuen Spielsachen war zu hören. Wo waren die Kinder? Nach einiger Zeit hörte man Flüstern und leises Kichern. Doch alles schien friedlich. Vor allem, weil wir keine Lust hatten, aus dem Bett zu kriechen. Nach einiger Zeit hielt ich es doch nicht mehr aus und stand auf, um mich zu vergewissern, was es mit der Stille auf sich hat. Ich traute meinen Augen nicht, im Wohnzimmer standen zwei Sessel vor dem Christbaum, darauf balancierten die beiden Kinder und waren gerade dabei, die letzten Süßigkeiten vom Baum zu nehmen. Alles was vom liebevollen in stundenlanger Arbeit geschmückten Baum blieb, waren ein paar verhungerte Kugeln und Lamettafäden. Kein Stück Schokolade hing mehr dran. Alle bunten Schaumringerln – weg. Die Zuckerln im Seidenpapier – verschwunden. Der Lebkuchen ebenso. Die Beute hatten die beiden bereits sorgfältig hinter dem Sofa und im Kinderzimmer versteckt.Das Donnerwetter, das folgte, ließ die Diebe ziemlich kalt. Der kahle Christbaum, der den Rest der Feiertage unser Wohnzimmer „schmückte“ auch.

- von Irmgard Gabriel

Die alte Mühle in der Buckligen Welt war noch Baustelle. Zum Feiern kamen wir trotzdem schon gern. Der alte Backofen als offener Kamin, Bratäpfel aus dem Sparherd – und ein Christbaum aus dem Wald, hochmotiviert mit feinstem Schokozeug behängt. Das erste Weihnachten in der Mühle. Nach dem Fest ein paar Tage Skiurlaub. Die Überraschung wartete zu Silvester, als wir wieder in die Mühle kamen, um mit Freunden das neue Jahr zu begrüßen. Als die Gäste zu fortgeschrittener Stunde immer fröhlicher wurden, rutschte plötzlich eines der feinen, von Omi genähten Sitzkissen vom Sessel. Darunter: eine klebrige, braune Masse, verziert mit Silberpapier. Und nicht nur auf einem Sessel, sondern auf allen. Die Mäuse hatten während unserer Abwesenheit ihre Mühle zurückerobert und den Christbaum abgeräumt. Und da sie offenbar für schlechtere Zeiten vorsorgen wollten, deponierten sie die Schokolade unter den Pölstern. Und anderswo. Noch im neuen Jahr fanden wir immer wieder Beutestücke der Mäuse. Hinterm Bücherregal, unterm Küchenkastl, in der Kommode. Beim Ostereiersuchen.

- von Andrea Schraml

Ja, Weihnachtsstress kann schon kompliziert werden – ich meine natürlich nur die Verpackungslogistik. Wenn sich Jahr für Jahr die Familien zusammenraffen, um gemeinsam den Weihnachtsabend zu feiern, dann läuft alles nach Plan. Normalerweise. Denn traditionell feiern wir mit Eltern und Schwester am Heiligen Abend, der Bruder kommt erst am Christtag dran. Also schleppen wir die Weihnachtslast mit den Namen von Geschwistern, Schwager und Schwägerin, Nichten und Neffen immer zwei Mal an. Voriges Jahr war ich schlau: Ich ließ die Paketflut für meines Bruders Familie zu Hause. Weil sie ja ohnehin nie kommen am 24. Dachte ich jedenfalls. Doch noch während ich meine Packerln unter den Christbaum meiner Schwester wuchtete, läutete es. Wer kam, war mein Bruder samt Anhang. Eine Ausnahme. Na ja – etwas peinlich, aber die Geschenke bekam er doch noch. Wie geplant – am nächsten Tag.

- von Florentina Welley

Für meine Mutter gibt es nicht Schöneres: Alle sechs Kinder mit Ehepartnern, Freunden, Kindern, Hunden, Geschichten und allem, was dazu gehört, zu Weihnachten zusammenzubringen. Und das ist nicht einfach. Eltern und sechs Kinder mit Anhang ergeben sieben kleine Familien. Kommunikation könnte helfen. Aber darin sind wir nicht so gut. Vergangenes Jahr war das so – Mutti zu Vati: „Wir treffen uns alle hier zur Suppe, dann gehen wir singen in die Kirche, danach zur Bescherung bei den Kindern.“ Dann ruft meine große Schwester an, sagt zu Vati: „Am besten macht diesmal jede Familie die Bescherung für sich, bevor wir zu euch spazieren. Zur Festtagssuppe treffen wir uns am 1. Weihnachtsfeiertag.“ Vati sagt: „Mir ist alles recht, nur kein Stress. Ich geb dir mal die Mutti.“ Mit der wird dann auch viel besprochen, nur nicht der Weihnachtstag. Später kommt mein großer Bruder vorbei, leiht sich von Vati den Bohrer, sagt zu ihm: „Wir kommen zur Bescherung – essen tun wir bei uns.“ Vati sagt: „Mir ist alles recht, nur kein Stress.“ Dann ruft meine Nichte bei Vati (ihrem Opa) an und fragt: „Könnten wir dieses Jahr alle die Suppe bei uns essen? Dann habt ihr keine Arbeit mit dem Geschirr.“ Sie ist gerade erst mit ihrem Freund zusammengezogen und hat das erste Mal einen eigenen Weihnachtsbaum. Ihr Opa sagt: „Mir ist alles recht, nur kein Stress.“

Das Ergebnis: Ein Teil der Familie sitzt unter dem eigenen Weihnachtsbaum, ein anderer Teil steht bei meinen Eltern vor verschlossener Tür, die bei der Nichte sitzen, andere klingeln bei meiner großen Schwester, die ja eigentlich im kleinen Kreis feiern wollte. Plötzlich müssen wir alle unentwegt telefonieren, damit Muttis Wunsch „alle zusammen“ doch noch in Erfüllung geht. Das gelingt uns auch jedes Jahr aufs Neue. Manchmal sehr spät und erschöpft, aber mit umso größerer Freude, dass wir es wieder geschafft haben – unser Weihnachstwunder.

- von Annemarie Josef

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