Was kostet die Welt

Kostbare Uhren, schicke Taschen und sündteures Parfüm gibt es zwar auch – aber der wirkliche Renner sind echte Erlebnisse. Marcel Knobil, Werbefachmann und Gründer von www.veryfirstto.com, einer Internetplattform für Luxusartikel, muss es wissen. Denn wer träumt nicht davon, einmal im Bett von Amélie in Paris zu liegen, oder mit dem Liebsten lustvoll im New Yorker Restaurant Katz’s zu stöhnen und einen Orgasmus vorzutäuschen – genau wie es Meg Ryan im Film "Harry & Sally" tat.
Verliebte Girls würden gerne wie Audrey Hepburn ihr Frühstück vor dem berühmten Tiffany-Laden in New York einnehmen. Um dann, wenn nicht schon ein riesigerBling-Bling-Ring am Finger blitzt, eine zwar leere, dafür aber originale Tiffany-Box aus dem Geschäft zu holen. Genau wie im Film "Frühstück bei Tiffany". Den Ring kann man ja später online shoppen. "Luxus wird in Krisenzeiten noch wichtiger", sagte Melvyn Kirtley, CEO von Tiffany, kürzlich. Denn auch Audrey Hepburn alias Partygirl Holly Golightly pilgert immer nur dann zum Juwelier, wenn es ihr schlecht geht.

Zum Restaurant Katz in New York aus "Harry & Sally", zu Tiffany in New York aus "Frühstück bei Tiffany" oder in Amélies Pariser Hotelzimmer aus "Die fabelhafte Welt der Amélie" (Foto oben)
Schon Shakespeare forderte in Hamlet "Kaviar für das Volk". Die Superreichen können per Mausklick aus dem Vollen schöpfen und sich alle Träume erfüllen. Dank des studierten Theologen Knobil, der in seinem 2012 gegründeten Internetportal all das verkauft, was sich Menschen, die das nötige Kleingald haben, wünschen. Der weltweite Trend geht dabei in die Richtung, Luxus zu erleben statt Luxus zu besitzen. Da lassen lange Wartelisten für die besten Restaurants der Welt, die begehrtesten handgefertigten It-Bags oder ein 60.000-Dollar-Luftkissenboot für den Golfplatz den Adrenalinspiegel hochschnellen, bekommt man den Zuschlag oder die Ware nach monatelangem Warten nach Hause geliefert. Letztes Jahr gaben Konsumenten weltweit umgerechnet 1,3 Billionen Euro für ihre Sucht nach Luxus-Schnäppchen aus.
Zum Bellagio etwa. Das Casino am Las Vegas Strip ist seit dem es George Clooney und Brad Pitt im Film "Ocean's Eleven" ausraubten, weltbekannt
Da lag es für Knobil nahe, auch eine noch nie dagewesene Reise im Netz anzubieten. Gemeinsam mit einem Londoner Reiseveranstalter setzte er einen Trip zu allen 981 Welterbestätten aufs Programm. Besonderer Nervenkitzel: Auch zu den gefährlichsten Plätzen, wie in die Sahel-Zone oder in den Kongo, führt die Reise. Für etwa 1,1 Millionen Euro ist man dabei. Dass sich sofort jemand meldete, um zu buchen, wunderte sogar den Profi-Connaisseur. Ein chinesischer Student, der momentan noch an seiner Doktor-Arbeit schreibt, will sich diese Reise um die Welt nach seiner Sponsion gönnen. Dazu wird er Zeit brauchen – genau genommen etwa zwei Jahre. Natürlich wird er in Luxushotels übernachten. Wenn es allerdings in gefährliche Bürgerkriegsgebiete geht, kann es auch sein, dass er in Zelten oder Bombenruinen übernachten muss. Denn wenn das Motto das "Noch-nie-Dagewesene" ist, muss man selbstverständlich auch in Somalia und Afghanistan gewesen sein. Ob der junge Mann aus China auch in verdeckter Mission das zerbombte Minarett der Umayyaden-Moschee, eines der prominentesten Kulturdenkmäler Aleppos und ehemaliges architektonisches Aushängeschild des mittelalterlichen Syrien, besuchen wird, ist noch nicht bekannt. Insgesamt führt die Reise durch 160 Staaten. Das Welterbe umfasst geologische Formationen, Fossilienfundstätten, Naturlandschaften, Schutzreservate von Tieren undPflanzen, die vom Aussterben bedroht sind. Womöglich wird der chinesische Doktor in spe auch in Österreich bei der Ghega-Bahn über den Semmering fahren. Oder in der Wachau, bei den prähistorischen Pfahlbauten rund um Atter- und Mondsee und in Schloss Schönbrunn vorbeischauen. Vielleicht ist er sogar einer der Letzten, die den Regenwald in Sumatra, die mittelalterlichen Stätten im Kosovo oder den Salonga Nationalpark im Kongo sehen werden – denn die Existenz dieser Orte ist schwer gefährdet.
Wandeln Sie zwischen Semmeringeisenbahn, Wachau und Schloss Schönbrunn. Und zu den Welterbestätten zwischen Aachener Dom, dem zerstörten großen Buddha in Afghanistan, Sassi di Materi, den italienischen Dolomiten bis zum Kongo.

Da buchen andere Online-Surfer, die Luxus erleben möchten, vielleicht doch lieber bequemere Touren. Foodies zieht es etwa zu den besten Haubenköchen. Es kostet auch nur knappe 210.000 Euro, wenn man in sechs Monaten zu den 109 Drei-Sterne-Restaurants dieser Welt jettet. Ein Schnäppchen. Auch eine Reise zu den teuersten Hotels der Welt steht auf dem Programm. Egal, ob Reisen oder It-Teile der Modewelt, mehr als 30.000 Kunden kann das Internetportal seit seiner Gründung verzeichnen. 87 Prozent der Kunden sind "early adopters", wie sie Knobil nennt, und kommen vorwiegend aus Großbritannien, den USA, aus Deutschland, Italien, Russland und Brasilien. Sie alle verbindet sportlicher Ehrgeiz. Nämlich als Erster etwas zu besitzen oder der Erste zu sein, der etwas Neues wagt. Egal ob Technik, Mode, Sport oder Reisen. Die Sucht nach Exklusivität ist das Passwort zum Portal. Wenn neue Produkte länger als 60 Tage auf dem Markt sind, sind sie für die Luxus-Afficionados bereits wieder uninteressant. Deshalb scharte Knobil eine Reihe von Beratern, sogenannte Connaisseure um sich, die für ihn die begehrten Produkte ausfindig machen. Dann wird die Beute aufs Portal gestellt – und los geht die Jagd.
Alle Luxusreisen und -Produkte gibt es unter www.veryfirstto.com
Foodies hingegen lieben es, zu allen 109 Drei-Sterne-Restaurants der Welt zu fahren – oder sie buchen eine Tour zu den teuersten Hotels der Welt.

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