Lost Highway

Eine blonde Frau und ein Mann stehen einander gegenüber.
Die große Kino-Serie von KURIER-FREIZEIT und Filmarchiv Austria, präsentiert von Viennale-Direktor HANS HURCH. Ein unschuldiger Bursche, eine eisige Schönheit: David Lynch führt sie auf dem "Lost Highway" auf virtuose Weise zusammen.
Eine blonde Frau sitzt in einem schwarzen Auto.

Das anonyme Kuvert, das Renée und Fred eines Morgens vor der Tür ihrer schicken Designervilla finden, enthält eine Videokassette. Ein unbekannter Eindringling hat das Paar unbemerkt im Schlaf gefilmt. Auf die Frage des verängstigt herbeigerufenen Polizisten, ob es in ihrem Haus eine Videokamera gibt, antwortet Renée: „Fred hates them.“ Aber weshalb?, fragt der Detektiv irritiert nach und Fred erklärt, „I want to remember things my way. Not the way it happened“. Aber an das, was Fred wenige Tage später auf einem weiteren Video aus seinem Schlafzimmer sieht, hat er keine Erinnerung. Es ist die brutale Ermordung seiner Freundin Renée. Durch ihn selbst. Is this the way it happened?
In der Gefängniszelle erleidet Fred, gepeinigt von unerträglichen Kopfschmerzen, grässlich-surreale Halluzinationen, die sich schließlich zu einer Art Auflösung seiner Person steigern. Am Morgen findet sich anstelle des Mordverdächtigen ein unbekannter, junger Mann in der Zelle. Pete, ein unschuldiger Bursche, der verwirrt in sein kleines Leben in der Vorstadt zurückkehrt.
Schon ein paar Tage später hat Pete eine verhängnisvolle Begegnung. Er verfällt der geheimnisvollen, eisigen Schönheit einer Unbekannten, die in einer Autowerkstatt auftaucht und sich als die Gefährtin eines berüchtigten Gangsters herausstellt. Und den arglosen Pete in der Folge zu einem brutalen Mord verführt. Aber die junge Frau hat eine seltsam irritierende Ähnlichkeit mit Freds toter Freundin Renée.

Dunkel & hypnotisch
So, oder so ähnlich ließe sich die erste Stunde von David Lynchs dunkel-hypnotischem Thriller „Lost Highway“ erzählen. So, oder vielleicht auch ganz anders. Lynch selbst hat seinen Film als „eine erzählerische Möbiusschleife“ bezeichnet. Eine verschlungene Konstruktion ohne Anfang und Ende, die sich jeder narrativen Logik und Wahrscheinlichkeit widersetzt. Natürlich ist das, was Lynch hier praktiziert, auch einfach reine Oberfläche, ein virtuoser Taschenspielertrick, der jeder Glaubwürdigkeit spottet, aber dargeboten mit beispielloser filmischer Souveränität und einer Verführungskraft, die ans Bodenlose und Wahnhafte grenzt. Und an unsere tiefsten Ängste und Verwirrungen.


r757aSgW0tgIst die betörende Gangsterbraut Alice eine Wiedergängerin der ermordeten Renée? Oder Renée eine Untote, die aus dem Nichts auftaucht, während die Kamera unendlich langsam auf ihr Gesicht zufährt und ihre Vertrautheit ins Unbekannte zerfällt? Und dazu ertönt immer lauter und heftiger werdend Lou Reeds Stimme. „This magic moment will last forever.“
Es ist diese filmische Ästhetik einer bodenlosen Oberfläche, die David Lynchs Arbeit so einzigartig macht, diese suggestive Choreografie von Bild, Ton, Darstellung und Musik, die einen solch traumwandlerischen Sog entwickelt, dass man bereit ist, zu glauben, ein Mensch könne im Dunkel verschwinden, durch die Wand gehen, sich in einen Fremden verwandeln und als sein eigener Wiedergänger auferstehen. „I want to see things my way, not the way they happen.“

"Lost Highway" im METRO Kinokulturhaus des Filmarchiv Austria am 26. April um 21h und am 27. April um 18.30 (in der Originalfassung)

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