Lebensqualitätsstudie: Job und Familie vertragen sich nicht

Lebensqualitätsstudie: Job und Familie vertragen sich nicht
Ein Viertel der Wiener Eltern gibt an, dass die Berufstätigkeit das Familienleben sehr häufig oder sogar immer beeinträchtigt.

Universität und Stadt Wien wollten es wieder einmal genau wissen: Sie erstellten Lebensqualitätsstudie, deren Teilbereich Kinderbetreuung heute,  Dienstag, präsentiert wurde. Wien sticht vor allem bei der Versorgung der Unter-Drei-Jährigen hervor. Lob gab es für die Qualität der Betreuung, Kritik für die Suche nach dem adäquaten Platz.

Die Lebensqualitätsstudie wird in regelmäßigen Abständen durchgeführt, die letzte Erhebung erfolgte 2013. Für die aktuelle Ausgabe wurden von März bis Dezember 2018 8.450 Interviews durchgeführt. Abgefragt wurden dabei sämtliche Lebensbereiche - von Wohnen über Freizeit, Kultur, Arbeit bis hin zum Themenkreis Kinderbetreuung bzw. der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Letzterer Bereich stand bei der heutigen Präsentation im Fokus.

Aus den Ergebnissen gehe hervor, dass Kinderbetreuungseinrichtungen ein wichtiger Bestandteil von Lebensqualität seien, hieß es. Viele Kinder in Wien - weit mehr als im Österreich-Schnitt - werden institutionell betreut. Haupteinflussfaktoren für die Wahrscheinlichkeit, dass eine externe Betreuung in Anspruch genommen wird, sind das Alter der Kinder und die Erwerbstätigkeit der Eltern, vor allem der Mütter, erklärte Bernhard Riederer vom Institut für Soziologie an der Universität Wien.

Schlusslicht Steiermark

Bis heute hat die Bundeshauptstadt unter allen Bundesländern die höchste Betreuungsquote bei den Kindern unter drei Jahren. Sie liegt mittlerweile bei knapp unter 45 Prozent. „Die Stadt Wien war stets Vorreiterin bei der Betreuung von Kindern zwischen null und drei Jahren“, so Riederer. Schlusslicht ist hier übrigens die Steiermark mit knapp mehr als 15 Prozent. „Im Schuljahr 2018/2019 war der Anteil geringer als er in Wien 1995 war.“

Ein interessanter Aspekt am Rande: In Wien werden mittlerweile beinahe neun von zehn der in Krippen betreuten unter dreijährigen Kinder ganztägig betreut. Bei den älteren Kindern (drei bis sechs Jahre) gibt es zwischen den Bundesländern nur geringe Unterschiede bei der Betreuungsquote. Jedoch bleiben in Wien weit mehr Kinder ganztägig und Essen im Kindergarten zu Mittag.

Generell könne man sagen: Die Zufriedenheit in Wien mit den Kinderbetreuungseinrichtungen ist hoch, ebenso mit der dort gebotenen pädagogischen Qualität, erklärte Raimund Haindorfer, ebenfalls von Institut für Soziologie an der Universität Wien.

Weniger glücklich zeigten sich die Eltern unterdessen mit der Suche nach dem adäquaten Betreuungsplatz für den Nachwuchs: „Die Verfügbarkeit wurde sehr schlecht beurteilt“, so Haindorfer. Im Bereich der kleineren Kinder, die einen Krippen- oder Tagesmutterplatz benötigen, wurde die Situation nur von 31 Prozent als relativ einfach bewertet. Die Suche nach einem passenden Kindergartenplatz gestaltete sich für nur 56 Prozent als sehr gut oder gut.

Verfügbarkeit als wunder Punkt

Auf ein Ergebnis machte Haindorfer besonders aufmerksam: „23 Prozent der Eltern vergaben die Note fünf in der Beurteilung über die Verfügbarkeit im Bereich Krippe, Tagesmutter oder ähnliches. Das ist fast ein Viertel. Da würde ich schon sagen, dass das auf einen Handlungsbedarf hinweist.“

Lebensqualitätsstudie: Job und Familie vertragen sich nicht

Zu wenige Betreuungsplätze?

Interessant ist auch: Immerhin 26 Prozent der Befragten gaben an, dass sich die Berufstätigkeit sehr häufig, wenn nicht sogar immer auf ihr Familienleben auswirkt. Zehn Prozent finden unterdessen, dass ihr Familienleben negative Auswirkungen auf ihre Berufstätigkeit hat. Vertiefende Analysen haben dabei ergeben, dass es sich dabei vor allem für Haushalte mit geringem Einkommen (Äquivalenzeinkommen von unter 1.000 Euro pro Monat) betroffen sind bzw. wenn junger Kinder (unter sechs Jahre) vorhanden sind.

Wunsch: Mehr Flexibilität

Was Maßnahmen anbelangt, welche die Vereinbarkeit von Kinderbetreuung und Beruf verbessern könnten, wünschten sich die Befragten vor allem Flexibilität - bei der Arbeit und in der Betreuung. Immerhin 90 Prozent erachten beispielsweise flexible Arbeitszeiten als wichtig an, 88 Prozent sehen Erleichterungen in einem verbindlichen Anspruch auf einen Betreuungsplatz. Ebenfalls als sehr wesentlich werden flexible Öffnungszeiten in den Betreuungseinrichtungen oder die Betreuung der Kinder in den Ferien erachtet. „Wobei Frauen alle Maßnahmen als deutlich und statistisch signifikant wichtiger wahrnehmen als Männer“, so Haindorfer.

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