1989, im Jahr der großen globalen Umbrüche, entwickelte sich die körperbetonte Baywatch zum beliebten Fluchtpunkt aller US-Amerikaner, die irritiert zuschauen konnten, wie in Osteuropa kein Stein auf dem anderen blieb. Der Erfolg kam erst zögerlich, dann stürmisch. Am Höhepunkt der Wende schmachtete der gerade in der Auto-Nation Nr. 1 beliebte "Knight Rider" David Hasselhoff mit seinem Lied „Looking for Freedom“ sogar an der Berliner Mauer.
"I'll be there..." Oh, yeah!
Der Start in den USA war am 22. September 1989 erfolgt. Im April des folgenden Jahres ankerte die Serie erstmals im deutschsprachigen Europa. Dass sich der Softsex der kalifornischen Strandläufer gerade in Österreich und Deutschland zu einem Selbstläufer entwickelte, mag mit unserem liebsten Urlaubsziel – dem Meer – zu tun haben. Aber auch mit einer Blondine, die zum Aushängeschild von "Baywatch" wurde: Pamela Denise Anderson.
Erfolg in Slow Motion
Insgesamt liefen von "Baywatch" 243 Episoden in elf Staffeln. Auf allen Kontinenten, in fast 200 Ländern – sogar im Iran. Die Einschaltquote war geradezu astronomisch hoch. Bisweilen schauten 1,1 Milliarden Menschen zu, wenn Pam & Co. nicht nur im Vorspann in Slow-Motion über den Strand liefen. Das brachte der Serie sogar einen Eintrag im „Guinness Buch der Rekorde“.
Apropos Perspektive. Den obligatorischen Einteiler der hilfreichen Strandnixen trugen auch Schauspielerinnen (oder Models) wie Erika Eleniak, Nicole Eggert, Carmen Electra, Gena Lee Nolan, Alexandra Paul oder Yasmine Bleeth.
Dass im kollektiven Gedächtnis neben "The Hoff" ausgerechnet eine Person als Baywatch-Botschafterin hängen blieb, die lediglich von Staffel 3 bis 7 mit von der Partie war, mag mit ihrem Lächeln zu tun haben. Oder mit einem Medium, das schon Mitte der 1990er-Jahre begann, an der Vorherrschaft des Fernsehens und der Schaffung moderner Mythen zu knabbern – das Internet.
Pam, der Internet-Star
Ab 1996 war das 14-fache Playmate Pamela Anderson aus der Kleinstadt Ladysmith auf Vancouver Island die „meisterwähnte Frau im Internet“. Vier Mal hintereinander. Heute mag es einem irgendwie pubertär vorkommen, aber es war tatsächlich so: Als das Silicon Valley sich gerade erst zur Goldgrube mauserte, waren weder Bits, noch Bytes und schon gar nicht Bitcoin die heißeste Ware der Welt, sondern "Baywatch". Und damit eine Blondine, die wie ein Klischee daherkam: irgendwie nett, aber schon sehr, sehr naiv. Na, Bravo!
600 Briefe pro Tag
Na gut, von der Faszination profitierte auch David Hasselhoff. Der alternde Sunnyboy erhielt in der Hochblüte der Serie allein von deutschsprachigen Fans an die 600 Verehrerbriefe pro Tag.
Von welcher Seite man es auch betrachtet, der TV-Hit Baywatch war mit seiner sonnigen Botschaft der Kult der neunziger Jahre. Im Titelsong der Serie heißt es nicht zufällig aufmunternd: „Don’t you worry, it’s gonna be alright.“
Aber irgendwann musste es so weit kommen: Die Strand-Operette geriet ins Stocken. Zum einen, weil Pamela Anderson – mittlerweile mit „Barb Wire“ zum Kinostar geadelt – den Dienst als Obernixe von Malibu quittierte. Zum anderen, weil David Hasselhoff nach einem unüberlegten Abstecher zu zwei Staffeln "Baywatch Nights" sich selbst kritisch im Ganzkörperspiegel betrachtete und frustriert feststellen musste: „Ich bin zu alt für die Badehose.“
Aber noch nicht zu alt für einen Tapetenwechsel. Doch selbst der Umzug nach Honolulu konnte die sinkenden Quoten nicht mehr aufhalten. "Baywatch: Hawaii" (1999-2001) besiegelte das Ende des TV-Serienphänomens.
Vor zwei Jahren versuchte der Wrestler Dwayne „The Rock“ Johnson, die Unbeschwertheit von Baywatch in die Gegenwart zu retten. Im Kino. Das Ergebnis war wenig berauschend. Der Hollywood Reporter schrieb: „Brüste, Ärsche, gestählte Bäuche – habt ihr Shakespeare erwartet?“ und bemängelte: „Ein Kino-Remake, bei dem nicht mal die Outtakes im Abspann wirklich lustig sind."
"The Hoff" in der Stadthalle
Fern seiner Heimat genießt David Hasselhoff trotz wiederholter früherer Alkohol-Eskapaden weiterhin einen tadellosen Ruf. Den er punktgenau einzusetzen weiß. Am 2. und 3. Oktober bringt ihn seine „Freedom! The Journey continous"-Tour nach Hannover und Berlin. Am 10. Oktober steht die Wiener Stadthalle auf dem Programm. Ohne Badehose.
Dafür verspricht "The Hoff" an diesen Abenden das, was "Baywatch" häufig abging – eine Portion Selbstironie.
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