Hotels der Zukunft

Aufregend, fantasievoll, wie von einem anderen Planeten – visionäre Architekten überlegen schon jetzt, wie die Zukunft aussehen wird. So planen sie etwa Hotels, die zwischen den abenteuerlichen Welten Jules Vernes und der futuristischen Hightech-Architektur aus James-Bond-Filmen angesiedelt sein könnten. Was heute meist noch als 3D-Modell über den Computerschirm flimmert, ist vielleicht schon morgen real. Aber von diesen spektakulären Bauwerken lässt sich nicht alles verwirklichen. Doch einige davon gibt es schon. Etwa ein Unterwasserhotel in Afrika oder das von dem chinesischen Architekten Ma Yantsong entworfene „Sheraton Huzhou Hot Spring Resort“ zwischen Nanjing und Shanghai.Während in Wien, wie auch in anderen Weltstädten, immer mehr luxuriöse Sternehotels entstehen, suchen Architekturbüros nach Alternativen und erarbeiten mit Touristikern neue Konzepte für die Hotelzimmer von morgen. Auch die Service- und Partnerplattform „Hotel der Zukunft“ des Fachverbands Hotellerie der Wirtschaftskammer Österreich widmet sich gemeinsam mit dem Zukunftsinstitut dem Thema in ihrem Buch „Hotel der Zukunft“. An die Architektur werden neue Anforderungen gestellt: Wollte man früher Gott ein Denkmal setzen, sind es jetzt die Herausforderungen Umwelt und soziale Verantwortung, die in die Hotelbau-Konzepte der Zukunft einbezogen werden. So beschäftigen Tourismusfunktionäre, Hoteliers, Foren und die Internetplattform www.hotelderzukunft.at sowie etliche Zukunftssymposien sich damit, Konzepte zu den neuen Wertefeldern, EGO-Tourismus, NEO-Health, Native-Eco, Inspiration, Know-how und Vernetzung umzusetzen. Sie machen sich auch Gedanken über jene Schildchen im Bad, die wir alle schon einmal gesehen haben: „Der Umwelt zuliebe – verwenden Sie Ihr Handtuch wieder“, und damit, wie der „Gast der Zukunft“ aussieht.
Der britische Designer Phil Pauley will mit den Fischen schlafen gehen. Er entwarf mit Sub-Biosphere 2 gleich eine ganze Unterwasser-Stadt. Der Komplex soll in Saudi-Arabien entstehen und sich selbst mit Energie sowie allen nötigen Ressourcen, inklusive Wasser und Nahrung, versorgen können, und ein Leben unter Wasser unabhängig vom Land erlauben. Das Wasser-Gebilde ist in acht „biomes“, Kugeln, um eine Hauptkugel in der Mitte gruppiert.

„Architektur der Zukunft“ hat es schon im 18. Jahrhundert gegeben. Lange bevor Le Corbusier 1946 die „Cité Radieuse in Marseille“, auch „Haus des Verrückten“ genannt, baute. Oder Oscar Niemeyer 1957 erstmals Stahlbeton für den Bau der brasilianischen Planhauptstadt Brasília einsetzte. Bereits 1784 plante Étienne-Louis Boullée in der so genannten Revolutionsarchitektur ein Kenotaph, ein Grabdenkmal, für Isaac Newton, den Begründer der Himmelsmechanik. Die 150 Meter hohe Kugel symbolisiert die Sphäre des Universums, ein Motiv der Aufklärung. Bis heute beeinflusste Boullée Architekten, wie etwa den Italiener Aldo Rossi, der 1987 im Film „Der Bauch des Architekten“ von Peter Greenaway Entwürfe von Boullée zeigte.
Welchen Visionen Architekten heute folgen, ist oft atemberaubend. Sie haben keine Religionen mehr als Vorbilder – sondern bauen auf den neuesten Erkenntnissen der Umwelt, der Technik, der Endlichkeit der Ressourcen und der Welt. So wie die beiden Architekten Arina Agieieva und Dmitry Zhuikov. Ihr Projekt „Heart Hotel“ für New York 23th Street soll in die bestehende Bebauung hineinragen. Durch das bizarre Gebäude soll das Leben der Anrainer attraktiver werden. Auch in Dubai entsteht gerade ein spektakulärer Hotelbau von Deep Ocean Technology. Architekt Bogdan Gutkowski plant mit dem Water Discus Hotel sogar schon ein weiteres für die Insel Kuredhivaru auf den Malediven – bereits genehmigt vom zuständigen Tourismusministerium. Das futuristische Gebäude besteht aus mehreren Scheiben. Ein Teil schwebt, gehalten von Säulen, die an eine Bohrinsel erinnern, über dem Meer. Gespiegelt unter Wasser, setzt sich das gleiche Gebäude mit 21 Zimmern unter dem Meer fort und erinnert an die Architektur wissenschaftlicher Labors in Jacques-Cousteau-Filmen.
Andere Planer nehmen sich wiederum den Öko-Tourismus zum Vorbild. Wie die Architekten Diego Taccioli, Sizhe Chen und Tyler Wallace. Ihr Entwurf für den „Graft Tower“ an der Kreuzung zweier Hauptverkehrsstraßen in San Juan in Puerto Rico ist ein Eco-Hotel und eine vertikale Farm. Das Gebäude soll keine Ressourcen verbrauchen, sondern auch die Nachbarschaft mit Wasser, Nahrung und Energie versorgen. Ein spezielles „vaskuläres System“ aus Stahl-Carbon-Fasern sorgt zudem für Durchlüftung, transportiert Wasser zu den Gärten und reguliert Sonne und Schatten. Aus den Carbon-Ästen sollen Pflanzen sprießen, die aus Tanks bewässert werden und den Regen auffangen.
Auch für Eilige gibt es Neues. Architektin Margot Krasojević will die Vision eines schallisolierten und mobilen „Jetway Hotels“ auf einem Flughafen verwirklichen. Das Flugzeughotel könnte gleich neben einem Privatjet stehen oder auf überfüllten Flughäfen Passagiere aufnehmen.
Natürlich ist auch ein Luftschiff in Planung: Die Touristen könnten von hoch oben unberührte Landschaften betrachten, ohne sie zu zerstören. 40 Gäste und 15 Angestellte hätten in dem „Mannet Cloud Hotel“ von Architekt Jean-Marie Massaud Platz.
Und das gibt es schon: Vor der Küste von Pemba Island, mitten in einem Korallenriff, schwimmt ein Mini-Hotel. Direkt vom „Underwater Room“ im „The Manta Resort“ unter Wasser kann man gemütlich den Fischen gute Nacht sagen oder dem Trompetenfisch in die Augen schauen. Nachts werden Rochen und sämtliche Fische der exotischen Unterwasserwelt durch einen Lichtspot angelockt – selbst wenn es im Schlafzimmer dunkel ist, fühlt man sich wie die Seejungfrau. Sollte man morgens doch müde sein vom nächtlichen Spähen, kann man sich natürlich über Wasser, auf einem gemütlichen Sonnendeck im Liegestuhl, erholen. Das schwimmende Mini-Hotel ist direkt über einem zwölf Meter tiefen „Blue Hole“ verankert und eröffnete letzten November. Erfunden wurde das kleine Unterwasserheim vom schwedischen Unternehmen Genberg Underwater Hotels.
Auch im Norden Finnlands, in Nellim, eröffnete vor Kurzem ein utopisches Hotel. Im „Aurora Bubbles“ können Abenteurer gemütlich durch die Glasscheiben die bunten Polarlichter in den weiten Schneelandschaften beobachten. Aber während wir in einem utopischen Gebilde zwischen schwindelerregend hohen Wolkenkratzern in New York City in der Lobby sitzen werden oder unter Wasser in den Tiefen des Ozeans im Bett liegen und gemeinsam mit den Fischen über einem Korallenriff schweben – könnte der Hotel-Service ganz einfach und menschlich bleiben, ebenso die Hotelzimmer der Zukunft. Das Forschungsprojekt vom Verbund „FutureHotel“, unter der Leitung des Fraunhofer IAO, stellt mit dem Projekt Showcase schon jetzt futuristische Hotelzimmer mit einem realen Testfeld für Forschungszwecke zur Verfügung. Mit abgerundeten Kanten und echten Wohnhöhlen – das Cocooning der Zukunft.
Und weil auch das soziale Engagement aus dem Hotelleben und der Touristik nicht mehr wegzudenken ist, beschäftigt sich schon heute das Netzwerk Ashoka, austria.ashoka.org, mit dem Thema Sozialverantwortung. Ob wir in Zukunft beim Einchecken an der Rezeption von einem ehemaligen Asylwerber betreut werden? Jedenfalls gehen die Überlegungen zu den Hotels der Zukunft Hand in Hand mit der Natur, den Ressourcen und neuen menschlichen Gegebenheiten.
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