Inselparadies im Wind
Whisky eignet sich hervorragend zum Üben. Nein, es geht nicht um die Trinkfestigkeit, sondern um die Sprache. Gälisch, genauer gesagt, Schottisch-Gälisch. Oder hätten Sie gewusst, dass Laphroaig „la froyg“ ausgesprochen wird und Bunnahabhain „bun a havan“. Oder Caol Ila „coal eela“? Eben. All diesen Sorten und noch einigen mehr ist eines gemeinsam: Sie stammen von der Insel Islay, sozusagen der „Whiskyinsel“ der Hebriden, wo Schottisch-Gälisch drei von vier Einwohnern als Umgangssprache dient. Whisky ist neben dem Harris-Tweed das bekannteste Produkt der Atlantik-Inseln, die Schottland vorgelagert sind. An die 500 Inseln sind es, die sich auf gut 200 Kilometer Länge wie die Perlen einer Kette aneinanderreihen. Die Äußeren Hebriden, die nordwestlich von Schottland liegen, und die Inneren im Südwesten. Nicht mehr als 80 von ihnen sind besiedelt. Auf manchen lebt nur eine Handvoll Menschen. Eines gibt es auf den Hebriden immer und überall: den Wind. Zu jeder Jahreszeit und an jedem Ort bläst er feucht und frisch vom Westen her. Das heißt aber nicht, dass das Klima besonders ungemütlich wäre, dafür sorgen Ausläufer des Golfstroms. Frost gibt es hier so gut wie nie. Im Sommer wird es allerdings selten wärmer als 18 Grad.
Etwa den Umstand, dass „Harris und Lewis“ nicht, wie der Name vorgaukelt, zwei Inseln sind, sondern nur eine, im Norden der Äußeren Hebriden. Von dort stammt das nach dem Whisky berühmteste Produkt der Hebriden: der Harris-Tweed. Er wird von rund 120 Webern, daheim in ihren Wohnhäusern, aus der Wolle der Inselschafe produziert und ist nur echt, wenn er das Markenzeichen, den „Orb“, einen roten Reichsapfel mit Malteserkreuz, trägt. Die robusten Stoffe, die die Weber früher nur für den Eigenbedarf herstellten, wurden später zur Freizeitmode viktorianischer Gentlemen. Heute werden sie großteils exportiert. Was sich im Lauf der Jahrhunderte noch geändert hat: Statt mit den aus Moosen der Insel gewonnenen Pflanzenfarben werden die Stoffe heute mit chemischen Farben behandelt. Eine Besonderheit von Harris und Lewis existiert allerdings bis heute und stürzt unwissende Besucher mitunter in Verzweiflung – die Sonntagsruhe wird von den Mitgliedern der „Free Church“, einer letzten Bastion des Calvinismus, streng eingehalten. Die Folge: Das Leben steht still. Keine Musik, Gasthäuser und Tankstellen geschlossen, Fähren außer Betrieb. So bleibt Gelegenheit, die Stehenden Steine von Callanish zu besichtigen, eine prähistorische Kultstätte, die den Vergleich mit Stonehenge nicht zu scheuen braucht. 54 Steine wurden im 3. und 2. vorchristlichen Jahrtausend errichtet. Ein mystischer Ort, der heute noch Geheimnisse birgt: In den 1980er-Jahren fand man dort menschliche Knochenreste und eine unbekannte ölige Substanz – der Ort bei den „Standing Stones“ war vermutlich auch Grabstätte. Weniger geheimnisvoll verlief das Leben in den „Black Houses“, von denen etliche noch im Dörfchen Garenin auf Harris und Lewis stehen.
Die ersten von ihnen wurden bereits vor der Wikingerzeit gebaut, der Grundriss blieb stets gleich. Die geduckten, strohgedeckten Steinhäuser ohne Kamin hatten maximal ein Fenster. Mensch und Tier lebten gemeinsam darin. Alles spielte sich im zentralenHauptraum ab – den Kühen standen zwei Drittel des Platzes zu, den Menschen der Rest. Nicht alles, was auf den Hebriden sehenswert ist, stammt von Menschenhand. Anziehungspunkt auf der kleinen Insel Staffa auf den Inneren Hebriden sind nicht nur die Papageitaucher der Seevogelkolonie, sondern vor allem die exakt sechseckig geformten Basaltsäulen, die entstanden, als die Lava nach einer unterirdischen Explosion vor 60 Millionen Jahren wieder erkaltete. Die Säulenreihe setzt sich unter dem Meer bis nach Nordirland, zum „Giant’s Causeway“, dem Riesendamm, fort. Dieses Naturwunder und die Fingalshöhle, geformt durch die Kraft der Wellen, sind seit dem 19. Jahrhundert Touristenattraktion. Königin Victoria und Gemahl Prinz Albert besichtigten sie, der Maler William Turner malte sie und Felix Mendelssohn Bartholdy komponierte nach den Eindrücken von Staffa die Hebriden-Ouvertüre. Nur für einen ging sein Aufenthalt auf den Hebriden böse aus. Für „Bonnie Prince Charlie“, den schönen Prinzen Charles Edward Stuart. Der floh, nachdem er 1746 in der Schlacht bei Culloden desaströs geschlagen worden war, vor den englischen Truppen auf die Äußeren Hebriden. Dort lernte der Frauenschwarm die junge Flora MacDonald kennen und lieben. Sie verkleidete ihn als ihre Zofe Betty Burke, und so gelang ihm die Flucht nach Frankreich, während Flora gefangen genommen wurde. Den schönen Prinzen kümmerte das nicht mehr. Er hatte zahlreiche Affären und verfiel dem Alkohol. Flora MacDonald, deren letzte Ruhestätte auf dem Friedhof von Kilmuir auf Skye liegt, gilt immer noch als die große Liebende und Heldin der Hebriden.
Flug Wien-Glasgow mit KLM ab 190 €, per Zug weiter zu einem der Häfen, dann weiter mit der Fähre. Von den schottischen Häfen Kintyre, Oban oder Mallaig verkehren Boote zu den Inneren Hebriden. Die Äußeren Hebriden können relativ preiswert per Inlandsflug von Glasgow, Edinburgh oder Inverness angeflogen werden.
WOHNENIsle of Islay
„Harbour Inn and Restaurant“: Gute Küche, schöner Blick in Bowmore. www.harbour-inn.com
Mull
„The Druimard Country House & Restaurant“ Viktorianisches Landhaus mit Stil. www.druimard.co.uk
Isle of Skye
„Ardvasar Hotel“ Blick über den Sound of Sleat, gute Küche: Seafood und Angusrind. www.ardvasarhotel.com
Harris
„Scarista House“ Exklusiv wohnen, toller Blick, für Selbstversorger gibt’s ein Cottage. www.scaristahouse.com
Barra
Castlebay Hotel Traditionshaus im „Garten der Hebriden“. www.castlebay-hotel.co.uk
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