Der Wald als Klimanlage
In einem Sommer wie dem aktuellen merkt man es sofort. Kaum lässt man verbautes Gebiet weit hinter sich und betritt wie weiland Hänsel und
Gretel Wege, die in einen dunklen Wald führen, atmet man auf. Direkt kühl hier! Und wie das duftet! Nach frischer Erde und feuchtem Moos. Bis zu sieben Grad ist die Temperatur niedriger als in der Stadt. Ein Labsal für die Seele.
Nationalpark Kalkalpen
Hier könnte man sich verirren, gut und gerne sogar. Immerhin handelt es sich bei den oberösterreichischen Kalkalpen im Sengsengebirge und dem Reichraminger Hintergebirge um das größte Waldschutzgebiet
Österreichs. Mit einem Wort: Wildnis pur. Bunte Mischwälder wechseln sich ab mit blitzsauberen Gebirgsbächen, malerischen Berggipfeln und saftigen Almen. Auch die mit 528 Jahren älteste Buche der Alpen lebt hier.
Ein besonderes Service für Interessierte: Nationalpark-Ranger weisen nicht nur Wanderern, sondern auch Radfahrern und Mountainbikern Wege durch das Naturparadies. Immerhin führen 500 Kilometer ausgeschilderte Radwege durch das Naturjuwel.
https://www.kalkalpen.at/de
Kamptal
Matthias Schickhofer reibt sich die Augen. Hat ihn eine Raumzeitmaschine in die Vergangenheit gebeamt? Und das auch noch an einen anderen Ort? Irgendetwas stimmt doch hier nicht. Aber nein, alles passt, Matthias Schickhofer steht nach wie vor mit beiden Beinen in der vertrauten Gegenwart. Nur, dass sie hier im mittleren Waldviertel an eine andere Zeit erinnert.
Flechtenartige Felsgebilde. Moosige Baumleichen. Licht, das flirrend durch das Laub riesiger Buchen und Eichen bricht. Trommeln von Spechten. Der wilde Wald im mittleren Kamptal bietet „Anblicke wie in rumänischen Urwäldern“, berichtet der Naturfotograf und Umweltschützer begeistert.
Er weiß, wovon er spricht, denn der hagere Fünfziger mit dem unbestechlichen Blick kennt das wilde Europa zwischen Lappland und Apulien wie seine Westentasche. Den Rest ebenfalls. Eben erst kommt Schickhofer von einer Reise nach Skandinavien zurück. Und hat auch eine Botschaft mitgebracht. „Es gibt kaum mehr Naturwälder in Mitteleuropa, in denen die natürliche Artenvielfalt intakt ist. Gerade in Zeiten des Klimawandels ist dies aber besonders wichtig, weil die Wälder große Mengen Kohlenstoff speichern und Klimastress besser vertragen.“
https://lebendiger-kamp.at/zauberwaelder/
Viel Vielfalt in einem Tal
Die moosigen Granitfelsen (l.) und der alte Waldbestand im oberen Kamptal erinnern manche Besucher an Naturlandschaften in Skandinavien. Die wahren Exoten aber sind im mittleren Kamptal zu finden. Dort wachsen noch zauberhafte Wälder mit alten Eichen-, Buchen- und Linden-Ahorn-Schluchtwäldern, die wie die Location in einem Fantasyfilm wirken. Laut „Natura 2000“-Datenblatt weisen sie teilweise sogar „Urwaldcharakter“ auf – eine absolute Rarität in Österreich. Ein Tipp von Matthias Schickhofer: Mit der Bahn nach Rosenburg fahren und dann Richtung Wegscheid wandern (geht mit einer Übernachtung im Gasthof Wegscheidhof auch in zwei Tagen).
Nationalpark Thayatal
Von der Wildkatze bis zu gut markierten Wanderwegen gibt’s hier alles. Eine Besonderheit ist dabei augenscheinlich: Bis zu 150 Meter tief hat sich die Thaya im Lauf der Zeit ins harte Gestein des Waldviertels eingegraben und diese faszinierende
Tallandschaft mit Flussschleifen (siehe Bild) geschaffen. Neben dem Schwarzstorch und dem Fischotter hat der Nationalpark eine weitere animalische Attraktion aufzuweisen: die durch die Wälder streifende Wildkatze.
Wo noch vor einer Generation der Eiserne Vorhang Österreich und Tschechien trennte, werden grenzüberschreitende Exkursionen mit Nationalpark-Rangern angeboten. Highlight am kommenden Samstag: eine Wildkatzen-Nachtwanderung.
http://www.np-thayatal.at/
Wir und der Wald
In Österreich ist fast die Hälfte der Fläche des Landes mit Wald bedeckt. Ein herausragender Wert. Zum Vergleich: In Deutschland bestehen lediglich 32 Prozent der Landesfläche aus Wald, in England nur zehn Prozent, in Schweden sind mit 57 Prozent deutlich mehr as die Hälfte des Landes mit Wald bedeckt.
So etwas verpflichtet. „Um unseren Kindern eine halbwegs bewohnbare Welt zu hinterlassen, müssen wir ab sofort alle noch intakten natürlichen Ökosysteme bewahren. Ohne Wenn und Aber“, ist Naturfotograf Schickhofer überzeugt. „Und das nicht nur in Amazonien, sondern auch bei uns.“
Böhmerwald
Etwa im nördlichen Mühlviertel. Der Böhmerwald ist ohne Adalbert Stifter nicht denkbar. Und umgekehrt. Er ist reich an Kraftplätzen, Aussichtspunkten und Sehenswürdigkeiten, der Liebesfelsen zum Beispiel. Von dieser üppigen Felsformation in Granit heißt es, dass sich dort seit ewigen Zeiten Liebespärchen treffen. Hoffentlich noch lange.
Denn Johannes Wohlmacher, Oberforstmeister von Stift Schlägl, ist leicht besorgt, wenn er an das Wohl der Attraktion des Dreiländerecks denkt. „Durch die hohen Temperaturen der letzten Jahre und die trockenen Sommer ist der Gesundheitszustand des Waldes erheblich beeinträchtigt“, stellt er fest. „Durch Windwürfe und nachfolgenden Borkenkäferbefall ist es hier zwischen 1996 und 2009 zu einem großflächigen Absterben der alten Bergfichtenwälder gekommen.“
Vielfalt im Wald
Das ist heute kein Thema mehr. Auf der bayerischen und österreichischen Seite wurde der Borkenkäfer erfolgreich bekämpft. Die dadurch entstandenen Kahlflächen sind wieder mit jungen Fichten bewaldet. „Und in Klima-Prognosekarten wird der Böhmerwald als eines jener Gebiete dargestellt, in denen es auch in Zukunft Fichten, Buchen und Tannen geben wird“, stellt der Förster in Aussicht.
Also alles in Butter? Noch nicht ganz. Aber es wird schon. „Artenvielfalt ist die beste Risikovorsorge“, sind sich Rudolf Freidhager von den Bundesforsten und Andreas Weiß vom Biosphärenpark Wienerwald einig. Daher werden unterschiedliche Baumarten, die bisher in heimischen Wäldern weniger stark vertreten waren, zukünftig eine größere Rolle spielen – etwa die Zirbe, Eiche, Ahorn oder Linde.
Bei den 7. Ausseer Naturraumgesprächen war Mitte Mai die „Vielfalt Wald“ das alles beherrschende Thema. Diskutiert wurde unter anderem über neue Herausforderungen an Bruder Baum & Co. Ein Beispiel. Als wichtiger Energielieferant in der „grünen“ Energiewende soll und werden Produkte aus Holz künftig in vielen Bereichen das böse Plastik ersetzen - öKlo statt Pipibox.
Google in Grün
Neu denken, um das Alte zu bewahren. Das ist möglich. Einen völlig neuen Weg ging vor zehn Jahren das Berliner Start-up-Unternehmen Ecosia. Dessen Chef, der 35-jährige Ökonom und Öko Christian Kroll, fordert mit seiner Suchmaschine erfolgreich den Giganten Google heraus. Darüber hinaus verspricht er Grünbewegten, die Ecosia anklicken statt zu googeln, für 45 Anfragen einen Setzling zu pflanzen.
Peanuts? Gar nicht. Laut eigenen Angaben wurden auf Initiative von Ecosia-Nutzern schon mehr als 63 Millionen neu gepflanzte Gewächse eingesetzt. In Ghana. Auf Madagaskar. Und vielen weiteren Projekten in Mittel- und Südamerika sowie in Afrika.
Im Vorjahr wurde ein erstes Projekt in Europa gestartet. In Südspanien. Dort schreitet die Wüstenbildung weiter fort und bedroht die Landwirtschaft. Denn, wie gesagt, nicht nur in Amazonien, auch bei uns braucht der Wald Unterstützung
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