Marktgeschichten, Folge 13: Aus Omis Garten

Baisernester mit Kirschen
Auf den Kirschbaum klettern und die sonnenwarmen Früchte direkt von der Hand in den Mund schieben. Nicole Ott verrät ein fruchtiges Rezept mit Kirschen

Wie schön es ist, über den Markt ins Café zu eilen, das aus seinem Dornröschenschlaf erweckt wurde und wo wieder Leben, Lachen und gutes Essen eingezogen sind. Ich schaue aus dem Fenster auf Erols Stand, der bunt und fröhlich die Fülle des Frühsommers zeigt und gehe gleich hinüber, um die ersten Kirschen zu holen.

In den alten Mythen ist der Kirschbaum – der Baum der Göttin Artemis – ein magischer Ort, wo Elfen und Feen wohnen. Kirschen zu essen, sich gegenseitig mit Kirschkernen zu bespucken und die seltenen Zwillingspaare um die Ohren zu hängen sind wohl für viele von uns zauberhafte Kindheitserinnerungen. Es heißt, Lukullus – der Feinspitz unter den römischen Feldherren – hat die Kirsche aus Kerasos in Griechenland zu uns gebracht und so gedeihen sie bei uns im sonnenverwöhnten Burgenland besonders gut.

Reife Früchtchen

Zurück zum Marktstand. „Der Stängel soll an den Kirschen gut festsitzen, dann halten sie im Kühlschrank besser“, klärt mich Erol auf. „Und wer ein Kirschkompott mit den Kernen gart, kann das feine Mandelaroma schmecken.“ „Darum ist unsere Mandeltarte mit Kirschen so ein Knaller“, denke ich mir und schaue den Standlern zu, wie sie die tintenschwarzen Früchte in die Papiersackerl füllen. „Bei mir gibt es zu dieser Jahreszeit oft Herzkirschen in Eiswasser als Dessert, so sind sie schön prall und ich hab Zeit und Muße, die langen Tage zu genießen“, sagt eine Dame mit roter Brille und dazupassender Maske. „Ich backe oft einen Strudel, in die Brösel mische ich ein wenig gemahlene Haselnüsse und Zimt, im Juni ist das mein Lieblingskuchen“, ruft ein junger Mann, dessen Bart verwegen aus der Maske herausschaut. „Und ich koche gleich heute eine Kirschenmarmelade für meine Enkerl“, meint eine ältere Dame, „und Ribiseln aus dem Garten mische ich hinein, dann geliert sie besser und schmecken tut es auch herrlich!“ Mich lacht der Gedanke an zimtige Kirschen an, Schokolade passt auch dazu, und knuspern sollte meine Nachspeise, als Kontrast cremiges  Vanilleeis – ich kann es kaum erwarten, meine Baisernester zu backen.

Nicole Ott

"Grüne Kirschenstängel sind ein Zeichen von Frische".

Im Café setze ich mich mit Daniel zusammen, um den Kirschen einen tollen Auftritt in einem pikanten Gericht zu geben. „Wir marinieren die Früchte in einem Gewürzsud, ein Löfferl Espresso passt hier wunderbar, dazu servieren wir einen Linsensalat mit dem herrlichen Ziegenkäse aus Wien, den es beim Käsestand gibt. Dann noch gehobelter Fenchel und Stangenzeller, damit der Salat schön frisch schmeckt und als Krönung ein frisches Nussbrot dazu“. „Das klingt ja traumhaft!“, sagt ein Stammgast, der unser Gespräch mitgehört hat. „Kirschen erinnern mich immer an meine Omi, in ihrem Garten bin ich als Kind immer auf den großen Baum geklettert und hab die sonnenwarmen Früchte genascht – ihr Kirschkuchen war der tollste der Welt.“ Aber sind Omis Kuchen nicht immer die besten?

Marktgeschichten, Folge 13: Aus Omis Garten

Baisernester mit Kirschen

Das freizeit-Rezept für Juni

Zutaten Baiser:
(für 6 Personen)
4 Eiklar
Prise Salz
200 g Kristallzucker
6 g Speisestärke
60 g dunkle Kuvertüre, über
Wasserbad geschmolzen

Zutaten Topping:
220 g Kirschen- oder Johannisbeersaft
50 g Kristallzucker
1 Prise Zimt
10 g Speisestärke
280 g Kirschen, entsteint

1 Das Backrohr auf 150 Grad Ober/Unterhitze vorheizen. Einen kleinen Topf mit zweifingerhoch Wasser aufkochen. Die Eiklar mit dem Salz in einer Metallschüssel auf den Topf setzen, mit den Quirlen des Handmixers aufschlagen, dann nach und nach den Kristallzucker hinzufügen.

2 Nun drei Minuten warm zu Schnee schlagen, von der Hitze nehmen und weitere drei Minuten kalt schlagen. Die Speisestärke unterziehen, dann die geschmolzene Schokolade so unterheben, dass ein marmorierter Effekt entsteht.

3 Ein Backblech mit Backpapier belegen und mit Esslöffeln 6 Schneekleckse machen, dabei eine Vertiefung in der Mitte bilden. 25 Minuten backen, dann das Backrohr abdrehen und noch zwei Stunden trocknen lassen.

4 200 g Saft mit dem Zucker und dem Zimt in einem Topf aufkochen. Die restlichen 20 g Saft mit der Speisestärke verrühren, dann in den Topf geben und unter ständigem Rühren ungefähr zwei Minuten köcheln lassen. Am Schluss die Kirschen im Saft erwärmen.
Die Nester mit Vanilleeis füllen, die lauwarmen Kirschen mit ihrem Saft darübergeben und mit gerösteten Mandelsplittern und eventuell Minze servieren.

Nicole Ott ist Köchin, Gastronomin und Kochbuchautorin. Am Wiener Kutschkermarkt führt sie das Café Himmelblau.

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