Englische Gärten: Blühende Geheimnisse

Wer sich in die Gegend rund um das Yorkshire-Moor verirrt, denkt eher an die düstere Welt von Jane Eyre oder Emily Brontës „Sturmhöhe“. Aber der bunte Prachtgarten von Rosanna James fügt sich perfekt in den verborgenen Landstrich rund um die sanften Täler ein.
Man merkt, dass die Besitzer, mittlerweile in vierter Generation, auch geübte Landwirte sind. Der Steingarten wurde von Rosannas Mutter angelegt, der Grundriss samt Ziegelwegen, vom Großvater. So herrschen Ordnung und Unordnung zugleich – wie es die Landwirtin ausdrückt. Vorhandene Stauden mischen sich mit Beetpflanzen, was überlebt, ist reiner Zufall. Deshalb versucht Frau James möglichst vieles selbst zu ziehen, denkt lieber über die Pflege nach, als über Gartentrends und führt ein Pflanz-Tagebuch. Die Gesamtwirkung ist ihr wichtig. Leitpflanzen: Blauer Rittersporn, Scheinmohn, einjährige Pflanzen und Edeldistel.
In diesem Garten gibt es keinen Rasen. Überall stehen Containerpflanzen rund um die Beete. Und unter einem Apfelbaum wachsen Edeldisteln.
Helen Dillon ist mit Leib und Seele Gärtnerin. 1999 wurde sie von der Royal Horticultural Society ausgezeichnet. Ihr Garten war schon immer beispielhaft, voll mit Rabatten und auf Pflanzenexpeditionen gesammelten Raritäten. Doch die umtriebige Gärtnerin setzt auf Veränderung. Erst silbrig schimmernd, jetzt bunt und farbenfroh – so lockt ihr Stadtgarten zahlreiche Besucher an. Denn der Pflanz-Star ist umtriebig: Sie gibt Gartenseminare, macht Symposien, hält Vorträge und Workshops. Der Garten in der Sandford Road wurde vor mehr als 40 Jahren angelegt und ständig verändert. Einmal kommen die Lilien, Dahlien und Alstroemeria in den Plastik- oder Metalltöpfen vorne in die erste Reihe, dann wieder in die Mitte – sie inszeniert wie im Theater. Und wenn es eine neue Pflanze einmal nicht schafft, wird sie entfernt. Heiße Farben werden kühlen gegenüber gestellt, wie Glocken- und Spornblumen. Dillon folgt mit ihrem Garten keinem Trend, sondern ihrem Gefühl. Leitpflanzen: Trichterschwert, Eryngium.
Beth Chattos Garten ist alles andere als gewöhnlich. Im Gegenteil, der Besucher muss sich erst ihre subtil angelegten Themengärten, Wasser-, Wald- und Kiesgarten, erschauen. Denn hier am Rande von Elmstead Market in der Grafschaft Essex gibt es eigentlich keine. Sechs Hektar Fläche, eine parkähnliche Anlage und Pflanzen, die je nach Standortbedingung die Themen ergeben. Egal, ob Schatten oder Sumpf, Chatto pflanzt nach ökologischen Prinzipien, wie man an ihrem Waldgarten sieht, der mit zahlreichen Schattengewächsen durchzogen ist. Unterstützt wurde sie dabei von ihrem Mann, der schon als Jugendlicher Pflanzensamen aus fremden Ländern mitbrachte. Auch Sir Cedric Morris, Maler und Pflanzenkenner, beeinflusste sie und schenkte ihr Ableger. Später folgte sie dem Prinzip der Dreieckskomposition: Gestalt, Form und Farbe lassen das Auge in die Höhe gleiten. 2001 wurde ihr der Orden des Britischen Empire überreicht. Leitpflanzen: Beifuß, Schaumblüte, Günsel, Storchschnabel.
Beth Chatto vereint in ihrem Garten in Elmstead Market ungewöhnliche Stile zu einem Gesamtkunstwerk.
Sie zählt zu den Schlüsselfiguren der englischen Gartenarchitektur. Nicht nur weil sie mit ihrer Schule „Lady Gardeners“ schon in den 1930er-Jahren ausbildete. Beatrix Havergal gründete vor der Übernahme des Hauses in Waterperry eine landwirtschaftliche Schule, in der die Schülerinnen von der Saat über die Pflege bis zur Ernte und zum Verkauf auf dem Markt alles lernten. Die Waterperry Horticultural School bei Oxford war besonders in der besseren Gesellschaft sehr beliebt. Bis zur Übernahme 1971 durch die School of Economic Science studierten auch später bekannte Gärtnerinnen wie Pamela Schwerdt und Sibylle Kreutzberger, die Vita Sackville-Wests Garten Sissinghurst gestalteten. Havergal probierte stets Neues aus und erzielte vor allem mit Obstbäumen hohe Erträge. Ihre Leitpflanzen: Lupinen, Rittersporn, Astern, Königskerzen.
BUCHTIPP: Diese Damen und noch mehr finden Sie in „Englische Gartenikonen. Die Schöpferinnen des englischen Gartenstils und ihre Gärten“, Heidi Howcroft/Marianne Majerus, Callwey Verlag, 39,95 €. Erschienen am 20. Februar, www.callwey.de
Kommentare